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Tschernobylitis — eine Verblodungserscheinung

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Dem „Atom-Gott" sei Dank -endlich ist mit alien Hysteri-en rund um die Tschernobyl-folgen aufgeraumt worden. Wien darf stolz sein, daB die internationale Konferenz, die die „radioaktiven Angste" als unbegriindet entlarvt hat, in seinen Mauern stattgefunden hat. Und wenn sich's der Herr Bur-germeister gefallen lieBe, dann wurden ihm die Strahlomanen gem ein Casiumfederl an den Hut stecken.

Gefahren muB man in erster Li-nie niichtern betrachten. Nur unge-bildete Leute verlieren gleich wegen ein bissel Gau die Nerven. Man muB

die Leute nur auf den Gau, „der praktisch gar nicht mbglich ist", vor-bereiten. Wenn jeder weiB, was er im Fall des Falles, der nie eintreten wird, tun muB, dann ist der Gau hbchstens ein „Gautscherl". 1986 hing folgendes Plakat an einem Baum des Wiener Gansehaufels: „Sehr geehrte Badegaste! Betr.: RA-DIOAKTIVITAT. Allen Badegasten wird empfohlen, nach dem Baden grundlich zu duschen! Das Gesund-heitsamt rat Schwangeren und Kleinkindern, auf das Baden in der Alten Donau zu verzichten. MA 44 -Stadt. Baderverwaltung." Man sieht,

Wienerinnen und Wienern kann der Gau nichts anhaben. Gefahrenbe-dingt tun sie etwas, was sie in ge-fahrlosen Zeiten offensichtlich nicht tun, sie duschen nach dem Baden -und schon sind sie immun gegen die bbse Radioaktivitat.

Zugegeben, bsterreichische Schwammerln und heimische Bambis „strahlen" noch, aber unsere Landsleute sollen doch nicht undankbar sein - wollen sie denn lieber an Rinderwahnsinn zugrunde gehen? Na also! Dumme, ungebilde-te Leute wurden „Atom-Zeitzunder" abschalten und die Tschernobylrui-

ne endgultig sanieren. Geistreiche Atomexperten hingegen stellen ob-jektiv fest: „Es gibt immer noch Si-cherheitsdefizite, die nicht akzeptiert werden konnen!" aber wohl miissen, weil es wohl zu viele verblbdete und verantwortungslose Wissenschaftler, Geschaftemacher und Politiker gibt.

Die unter ,,Tschernoby litis" lei -dende Konferenz hat abschlieBend festgestellt, daB „eine Wiederholung desselben Unfalls praktisch nicht mbglich sei". DaB angesichts so vie-ler „Praktiker" die Kirchen weltweit fiir den 25. April zum Gebet aufge-rufen haben, wird keinen wundern.

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