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Bauen ohne Illusionen

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Jene Architektur, die der Architekt Raimund Abraham vor kurzem im Rahmen der Vortragsreihe „Architektur oder Bauen“ im Wiener Museum für angewandte Kunst in die Sphäre unbaubarer Sehnsucht gehoben hatte, holte nun der Kunsthistoriker Vittorio

Magnago Lampugnani aus Mailand wieder auf den Boden der — wie er sich ausdrückte — „konkreten Utopie“ zurück.

Unter dem Titel „Architektur als Kultur“ stellte er, von der Gegenwart ausgehend, gedankliche Fragmente zu einem Programm für die architektonische Kultur der nahen Zukunft zur Diskussion: Architektur müsse gebaut werden können. Nur in der historisch gewachsenen Stadt könne urbanes Leben stattfinden, daher sei es auch legitim, sie zu erhalten. Architektur müsse auf Grundlagen aufbauen, die durch Vernunft bestimmbar seien. Es gehe nicht an, die subjektive Laune eines einzelnen über Jahrhunderte einer Gesellschaft aufzuoktroyieren. Architektur entstehe nicht durch gewollt Spektakuläres und vorlaut Geschwätziges. Architektur dürfe weder originell, noch lustig, noch witzig, noch ironisch sein.

Diese lapidaren und überraschenden Feststellungen endeten schließlich in einem „durchaus böswilligen Dilemma“ der Gegenwart: Architektur sollte einerseits auch heute ihre soziale und kulturelle Verpflichtung in einer allgemein verständlichen Sprache erfüllen, andererseits müsse sie sich an eine Gesellschaft wenden, die sich extrem pluralistisch artikuliere und weitgehend verbindliche Konventionen ablehne.

Jeder sollte die ihn bewegenden Fragen, Hoffnungen und Ängste in die so entstandene Leere hineinlegen können, und dann dem Echo der eigenen Antworten lauschen.

Um der sich immer mehr ausbreitenden Verwirrung durch historische, theoretische und kritische Argumente Einhalt zu gebieten, versuchte Lampugnani in seinem Buch „Architektur als Kultur“ in einer breit angelegten Untersuchung eine definitorische Klärung aller mit Architektur verbundenen Grundbegriffe. (Das Thema des Vortrages ist auszugweise mit dem V. Abschnitt des Buches identisch.) Dieses Buch sollte Pflichtlektüre sein für all jene, die beruflich mit Architektur befaßt sind, und „Soll-Lektüre“ für alle übrigen! ARCHITEKTUR ALS KULTUR. Von Vittorio Magnago Lampugnani. DuMont Verlag, Köln 1986.392 Seiten, 120 Abb., kart.. öS 178.-.

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