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"Das war sehr schlecht!"

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Der vom "Staat geschnitzte Bi-schof" - so die FURCHE (47/1986) über den damaligen Weihbischof von Kalocsa und am 25. April 1987 zum Erzbischof von Esztergom und damit zum Primas Ungarns inthro-nisierten Läszlö Paskai - steht in Ungarn unter schwerem Beschuß.

Kardinal Paskai wurde auf der Herbsttagung der Ungarischen Bi-schof skonf erenz im September von seinem Bruder im Bischofsamt, Kornel Pataki von Györ (Raab), dem ein besonderes Nahverhältnis zum Innenministerium der Kommunistenära nachgesagt wird, beschuldigt, mit dem Kirchenamt über das notwendige Maß hinaus kollaboriert zu haben. Pataki mußte sich auf dieser Tagung vor seinen Amtsbrüdern seiner willfährigen Haltung den Kommunisten gegenüber verantworten. Unter dem Hinweis, "nicht allein Sündenbock" sein zu wollen, klagte Pataki daraufhin Paskai, den griechisch-katholischen Bischof und Vorsitzenden des kirchlichen Papstbesuchskomitees Szilärd Keresztes sowie den Erzabt von Pannonhalma, Andräs Szen-nay, an, ebenfalls Informanten des Innenministeriums gewesen zu sein.

In Ungarn wird jetzt gefragt, ob Paskai als Primas noch weiter zu halten sein wird; ob er, der sich über den als Märtyrer verehrten, in Mariazell begrabenen Kardinal Jözsef Mindszenty mehrmals nega-tiv kritisch geäußert hat, der geeig-nete Kirchenmann ist, der Mind-szentys Leichnam im kommenden Jahr - nach seiner Überführung aus Mariazell in die Esztergomer Bi-schof sgruft - "glaubwürdig einseg-nen" kann. Auch Bischof Keresztes Funktion in der Vorbereitungspha-se des Papstbesuches im August 1991 scheint in Frage gestellt.

Eine vor kurzem eingerichtete parlamentarische Kommission un-tersucht derzeit, in welchem Ausmaß kirchliche Amtsträger für das staatliche Kirchenamt eine Art Spionagetätigkeit ausgeübt haben. Kardinal Paskai stehen unan-genehme Fragen bevor. Bei seiner Inthronisation von der FURCHE (Foto) um ein Interview gebeten, verweigerte er dieses dem Verfasser des kritischen Beitrages "Staat schnitzt Bischof" mit den Worten: "Das war sehr schlecht!"

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