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Die Bajadere

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Es gibt gar keine Bajadere. Es gibt nur ein Paris der zwanziger Jahre, in denen der Prinz von Lahore der Uraufführung einer Operette mit diesem Titel beiwohnt. Er ist von der Hauptdarstellerin Odette Dari-monde entflammt und will die ihn kühl Abweisende durch seinen Willen dazu bringen, ihn zu lieben. Er lädt „ganz Paris“ in sein Palais zu einem Fest ein und bei diesem scheint neben anderen Frauen auch Odette schwach zu werden und sinkt in seine Arme. Als er jedoch der versammelten Gesellschaft seine Verlobung verkündet, löst sie sich von ihm, lacht Ihn aus, die Kraft seines Willens hat bei ihr versagt, ihr eigener Wille triumphiert über den seinen. Der Prinz ist vor „ganz Paris“ blamiert und der dramatische Akzent des 2. Aktes gegeben. Im kurzen dritten wird das Drama wieder zur Idylle. Die beiden finden sich, ihre Liebe vereinigt sie und die Geschichte geht gut aus.

Die Ausstattung ist gut und teuer. Inszenierung Edwin Zbonek, Bühnenbild Walter Hoesslin, Kostüme AVce Maria Schlesinger, Choreographie Dia Luca. Was fehlt, sind die zwanziger Jahre, aus denen die Operette stammt und in denen sie spielt. Sie huschen nur im 2. Akt in einem Minifilm vorüber, der den Unterschied der Atmosphäre zwischen Paris 1921 und Währing 1971 erst recht unterstreicht. Zwei Welten, die nicht zusammenkommen und die sich doch im Gemeinsamen hätten finden müssen. Die Atmosphäre also fehlt, und deshalb bleibt das Ganze distanziert und läßt kühl. Die Musik Emmerich Kälmäns enthält zwar nicht seine zündendsten Einfälle, hat aber Dichte und Eigenwert genug, auch heute noch einen Abend zu tragen. Sie hat Atmosphäre, der Dirigent Anton Paulik verstand sie im elegant geführten Orchester spürbar und hörbar zu machen.

Mirjana Irosch in der Rolle der Odette ist die große Dame und der Star des Abends, in Erscheinung, Spiel und Singen gleich schön und ausgeglichen. Peter Minich als Prinz von Lahore bemüht sich um gleiches, was ihm nicht immer gelingt. Die komischen Figuren: Herbert Prikopa als Louis Philipp La Tourette, Erich Kuchar, ein unter dem Namen Napoleon St. Cloche verstecktes Wiener Früchterl und die zwischen beiden hin und her heiratende Marietta (Evi Kent) machen ihre Sache sehr gut, wirken auflockernd und erheiternd natürlich, aber auch ihnen gelingt es nicht, den Funken überspringen zu lassen. Das liegt nicht an ihnen, sondern an der ganzen Masche. Der Sorgfalt fehlt die Sorglosigkeit, das Personaldokument der Operette.

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