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Akteure oder Stimmvieh?

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Es ist sicher begrüßenswert, daß die „Furche“ in Verbindung mit der kürzlich erfolgten Auflosung des MRP die Zukunft der „christlichen Demokratie“ zum Gegenstand einer Umfrage gemacht hat. Gegen dieses Unternehmen kann freilich eingewandt werden, daß eine für Westeuropa nach 1945 so bedeutungsvoll gewordene politische Erscheinung wie die „christliche Demokratie“ — sie hat, um zunächst bei diesem Terminus zu bleiben, Frankreich eine neue politische Verfassung gegeben, die Bundesrepublik Deutschland aus dem politischen und wirtschaftlichen Chaos herausgeführt, Italien in der nachfaschistischen Ära zu den heutigen politischen Grundlagen verhelfen, Österreichs Behauptung als freier Staat ermöglicht und insgesamt in Westeuropa den entscheidenden Damm gegen die Überflutung durch den Kommunismus gebildet — wohl nicht mit einer derartigen Umfrage abgetan werden kann.

Im Sinne mehrerer Diskussions-

beiträge kann man durchaus der Meinung sein, daß die Wortverbindung „Christliche Demokratie“ nicht nur nicht glücklich, sondern auch falsch ist. Die Wortverbindung „Christliche Demokratie“ ist nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wohl nicht aus logischen, sondern aus propagandistischen Erwägungen gewählt worden, wie das bei Parteinamen häufig vorkommt. Sie vereinigt in sich zwei Elemente, denen in der Situation von 1945 ein besonderes Ausstrafhlungsvermögen zugemessen wurde. Daher sollte man mit der „Christlichen Demokratie“ nicht allzu hart ins Gericht gehen, vor allem deswegen nicht, weil sie nach den verschiedenen früheren Ressentiments der Christen, namentlich der Katholiken, gegen den Parteienstaat die erste echte Hinwendung der christlichen Parteien zu diesem Staat markiert. Man könnte daher heute im Falle der „christlichen Demokratie“ von einem ehrwürdigen Relikt des Umibruchsjahres 1945 sprechen.

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