„Wie macht man… einen richtigen Roman? Noch dazu, wenn man solche nicht mehr lesen mag? Wozu Romane lesen oder schreiben, außer zum Amüsement, als Zeitvertreib? Uber sechzig… möchte ich meine Zeit festhalten." Mit solcher Ehrlichkeit geht Jeannie Ebner ihr neues Werk und dessen Leser an.
Wie man diesen Zitaten entnehmen kann, hat es sich Jeannie Ebner nach ihrem langen Schweigen als Epikerin nicht leichtgemacht, nun ,4hren" Roman zu schreiben, der in einem symbolreichen Handlungsgeflecht zugleich dessen Deutung bietet. Unter Kontrolle einer wachen Skepsis gegenüber allen Routineformen gelang es ihrem elementarischen Talent, das jedem Ereignis sein formtreues Sprachkleid anzupassen versteht, ein Werk zu schaffen, wo avantgardistische Impulse dem universalen Zusammenhang dienen.
Zum Avantgarde-Repertoire gehört nicht nur die Desillusio-nierung der Romanillusion, sondern auch die Ich-Form des inneren Monologs, in dem drei Frauen, drei Generationen, drei Typen von ihrem Leben und Sterben berichten.
Wie nun Jeannie Ebner diesen inneren Monolog handhabt, ist allerdings völlig neu, nämlich als unaufhörlichen Dialog, als nie abreißenden Denkstrom, der ohne Gefälle, ohne Neigung, also ohne das Du ja gar nicht strömen kann. Das Ich der drei Frauen richtet sich zunächst immer dialogisch auf das Du ihrer Liebhaber und Männer, drängt aber über die Männerwelt hinaus, bis sie einander wechselseitig zum Du, zur Bezugsperson werden.
Sibylle, Amazone und Dryade erweisen sich als drei Aspekte des Weiblichen. Auf die Sibylle und die Amazone, beide sterilisiert, einerseits durch den Geist, andererseits durch die penthesi-leahafte Leidenschaft, folgt die Jüngste, die zur Blüte und Frucht Bestimmte. Aber sie verweigert der Schöpfung ihren Zoll. Was bleibt, ist die Sibylle, „eine nachdenklich gewordene alte Fratf’.
DREI FLÖTENTÖNE. Von Jeannie Ebner. Verlag Styria, Graz-Köln 1981. 268 Seiten,
