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Dreyfus als Symbol

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Der Hauptmann der französischen Armee, Alfred Dreyfus, 1894 unschuldig verurteilt und fünf Jahre interniert, dann in wiederaufgenommenem Verfahren erneut verurteilt, doch begnadigt und endlich im Jahre 1906 freigesprochen, ist nicht nur zur Symbolfigur von Rechtsbeugung geworden. Der „Fall Dreyfus“ stellt auch die Nützlichkeitsmoral politischer Systeme wie die Berechtigung des raschen Urteils der Masse in Frage.

Der Autorin Maria Matray gelingt es, ein ergreifendes Bild jenes Mannes zu zeichnen, der fünf Jahre seines Lebens, von Palisaden umgeben und angekettet in einer Hütte auf der Teufelsinsel verbringen mußte. Politische und gesellschaftliche Hintergründe werden freilich ausgeblendet oder verzerrt. Erst aus der Schmach militärischer Niederlagen wie aus dem wenige Jahre zurückliegenden Panama-Skandal und der Boulanger-Krise läßt sich die Vehemenz begreifen, mit der antideutsche und antijüdische Ressentiments um sich gegriffen hatten.

Auch ist Alfred Dreyfus'unschuldig zum Platzhalter einer ästhetischen Auseinandersetzung geworden, in welcher Emile Zola durch sein legendäres „J'accuse“ auch den überholten Naturalismus verteidigte. Major Georges Picquart, der eine erhebliche Rolle bei der Entlastung des Justizopfers' gespielt hatte, war dagegen durchaus ein Mann des von Zola denunzierten Systems.

DREYFUS. EIN FRANZOSISCHES TRAUMA. Von Maria Matray. Mit 34 Abbildungen. Langen Müller Verlag München/ Wien 1986. 348 Seiten, Efalin, öS 265,20.

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