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Ein Fristen-Chaos für Saisonarbeiter

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Am Sonntag bekräftigte Innenminister Franz Löschnak neuerlich, daß er zur geltenden Fassung des Ausländeraufenthaltsgesetzes stehe. Die FURCHE untersuchte die Auswirkungen des Gesetzes in der Praxis.

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Am Sonntag bekräftigte Innenminister Franz Löschnak neuerlich, daß er zur geltenden Fassung des Ausländeraufenthaltsgesetzes stehe. Die FURCHE untersuchte die Auswirkungen des Gesetzes in der Praxis.

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Bekanntlich verbirgt sich der Teufel im Detail. Das ist auch beim mittlerweile berüchtigten 466. Bundesgesetz so, der „Regelung des Aufenthalts von Fremden in Österreich”. Das Sozialministerium hat für dieses Jahr das offizielle Ende der Bausaison mit 2. November angenommen. Üblicherweise dauert diese länger, da der Wintereinbruch das tatsächliche Ende bestimmt. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre ist dieser um den 20. Dezember.

Verlängerung für Arbeitslose

Nach dem neuen Aufenthaltsgesetz muß vier Wochen vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung um Verlängerung bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft angesucht werden. Dies ist also für viele ausländische Beschäftigte in der Baubranche der 2. Oktober.

Die Bezirkshauptmannschaft wiederum muß das Arbeitsamt verständigen. Nach dem üblichen Fristenlauf ebenfalls vier Wochen vorher. Dies ist der 2. September. Nur weiß im September noch niemand, wie lang die Bausaison - witterungsbedingt -tatsächlich dauern wird.

Das wissen die Bezirkshauptmannschaften, daher geben sie das Visum für den Aufenthalt um einen Monat länger als die Beschäftigungsgenehmigung währt. Damit sollen nicht nur die vorhin genannten Probleme vermieden, sondern auch dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, das verdiente Geld in Österreich auszugeben.

Dieses Wissen teilen die österreichischen Botschaften in Prag und Bratislava nicht. Ihre Visa verlieren mit dem Tag ihre Gültigkeit, mit dem die Arbeitsgenehmigung endet. Die österreichische Botschaft in Warschau hat überhaupt längere Zeit das Visum stets nur für einen Monat gewährt, unabhängig davon, wie lang die jeweilige Arbeitsgenehmigung ihre

Gültigkeit besaß.

Eine weitere Tücke erwartet den ausländischen Arbeitnehmer nach Beendigung seines Dienstverhältnisses. Geht er nach Beendigung der Bausaison in die Arbeitslose, so wird ihm selbstverständlich die Verlängerung seines Aufenthalts um dreißig Wochen gewährt, da er durch den Bezug des Arbeitslosengeldes ein geregeltes Einkommen hat. Beschließt derselbe Arbeitnehmer jedoch, die Sozialleistung nicht zu beanspruchen und in sein Heimatland zurückzukehren (häufig sind Frau und Kinder bei Saisonarbeitern im

Heimatland verblieben), dann wird sein Versuch, in der nächsten Saison wieder in der Alpenrepublik zu arbeiten, als Erstantrag gewertet.

Erstantrag im Ausland

Das bedeutet Antrag nach dem neuen Aufenthaltsgesetz mit beglaubigter übersetzter Kopie des Reisepasses, beglaubigter übersetzter Kopie der Geburtsurkunde und beglaubigter übersetzter Heiratsurkunde, sowie nachgewiesener Qualifikation (Lehrabschlußprüfung), Nachweis derfach-lichen Betätigung (Arbeitsnachweis), Leumundszeugnis im Heimatland

(nicht älter als vier Wochen) nebst einem Foto. Dieses Konvolut reicht der Arbeitswillige in seinem Heimatland ein.

Danach beginnt die Behörde zu prüfen, ob die Wohnung in Österreich dem ortsüblichen Standard entspricht, der Arbeitswillige hierzulande vorbestraft ist. Das Arbeitsamt entscheidet, ob die Qualifikation ausreicht und schließlich hängt der positive Entscheid davon ab, ob die von der Regierung jährlich neu festzulegende Quote überhaupt noch einen weiteren ausländischen Arbeitnehmer zuläßt. In der Quote sind Kinder, Studenten und alle Personen, die über den Familienzuzug nach Österreich kommen, inkludiert.

Beschäftigung für Beamte

Der Aktenlauf beschäftigt ein ganzes Heer von Beamten: In der Botschaft, im Außenamt, in der Landesregierung, in der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (Ausstellen der Vignette für den Reisepaß), in der Landesregierung zum Eintragen in die Quote und im Außenministerium. Die Botschaft lädt den Antragstellenden vor, um schließlich bei positivem Bescheid die Vignette in den Reisepaß zu kleben.

Bei Tausenden Antragstellern, die sich alljährlich dem Prozedere unterwerfen müssen, läßt sich erahnen, welche zusätzliche Belastung auf die Beamten hereinbricht.

Offen bleibt die Frage: Wer kontrolliert den sachgemäßen Ablauf dieses Vorgangs der Ausstellung der Vignette? Was geschieht, wenn ein Beamter eigenmächtig gegen illegales Honorar die Vignette in den Reisepaß klebt?

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