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Ein „Kleinjugoslawien” wird nicht funktionieren

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Haben die USA endlich begriffen, daß in Bosnien-Herzegowina die Glaubwürdigkeit der westlichen Werte auf dem Spiel steht? Schon stockt dem Kommentator der Atem. Wie können wir Europäer uns anmaßen, den Vereinigten Staaten Vorhaltungen über zögerliches Verhalten im Falle Bosniens zu machen? Von der neuen Weltordnung und der europäischen Hausordnung wollten die europäischen Mächte nicht viel wissen; vom Hausmeisterspielen auch nichts.

Der Blick nach Amerika und die von dort kommenden verbalen Signale genügten Westeuropa, derweil in einem Jahr ein Land, das man anerkannt hatte, dessen Staatschef geschätzt wurde, der Verwüstung anheimfiel. In Sarajewo glaubt kaum einer an die Hilfe aus Amerika - obwohl in vielen Äußerungen des Mannes oder der Frau auf der Straße diesbezüglich noch immer ein Hoffnungsfunken auf ein Eingreifen der USA glimmt.

Aber nichts ist mehr wie vor dem April

1992, als Tschetniks in Sarajewo in eine Friedensdemonstration schössen und so den Krieg in Bosnien auslösten, den österreichische und Schweizer Militärs mit seltener Klarheit vorausgesehen und deswegen auch ein rechtzeitiges UNO-Eingreifen gefordert hatten. Drehen sich die Genfer Verhandlungen um eine neue „Union” der dreigeteilten Republik Bosnien-Herzegowina nicht um Hirngespinste, auf die westliche Politik auch im Fall des Zerfalls von Jugoslawien zu lange setzte? Und überhaupt entbehrt die Forderung des Friedensplanes, wonach die Opfer von Vertreibungen verlorenes Eigentum zurückfordern oder Schadenersatz verlangen und sich dort niederzulassen können, wo sie wollen, nicht einer Tragikomik.

In Bosnien soll ein „Kleinjugoslawien” entstehen. Es wird nicht funktionieren. So viel Papier in Genf auch unterschrieben werden wird. Was aber immer mehr verstanden wird, ist die Sprache der Gewalt. Der Mufti von Zagreb hat das - bei aller Bereitschaft zur Versöhnung - ohne Ausflüchte klargemacht. Gelehrt hat ihn das das zwiespältige Europa.

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