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Ein Studium, das echt herausfordert

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Sie ist heute wichtiger denn je: jene Kombination von technischen, naturwissenschaftlichen und ökonomischen Disziplinen, die als Kulturtechnik bekannt und oft inskribiert wurde.

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Sie ist heute wichtiger denn je: jene Kombination von technischen, naturwissenschaftlichen und ökonomischen Disziplinen, die als Kulturtechnik bekannt und oft inskribiert wurde.

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Nachdem im Juni 1883 der Reichsrat die drei Rahmengesetze betreffend die Bodenreform im ländlichen Raum beschlossen hatte, richtete das Ministerium für Kultus und Unterricht an der damals erst elfjährigen Hochschule für Bodenkultur einen dreijährigen Kurs zur Heranbildung von Kulturtechnikern ein. Damit waren nicht nur rechtliche

Grundlagen zur Stärkung der Urproduktion und zur Strukturverbesserung geschaffen, sondern auch für die Heranbildung der dafür notwendigen Techniker.

Kulturtechnik — der Name wurde 1840 von Dünkelberg in Preußen für technische und wasserbauliche Arbeiten im Rahmen von Grundstückszusammenlegungen geprägt - ist ein Fachgebiet, das Technik und Bodenkultur verbindet und eine besondere Kombination von technischen, naturwissenschaftlichen und ökonomischen Disziplinen darstellt.

Bald nach der Errichtung an der „Boku“, nämlich 1885, wurde das Studium der Kulturtechnik (ebenfalls auf der Kombination von Ingenieur- und land- und forstwirtschaftlichen Fächern basierend) an der ETH Zürich eingeführt.

Die begründenden Disziplinen im Studium umfaßten insbesondere Klimatologie, Mineralogie, Geologie, Mathematik, Geodäsie, Volkswirtschaftslehre, die speziell dem kulturtechnischen Studium angehörigen Fächer waren Meliorationswesen, Straßen- und Wasserbau, Verwaltungs- und Rechtslehre. Dazu kamen noch Fächer aus dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Damals lag das Ziel des Studiums vor allem darin, Meliorationstechniker für die Agrarräume der Donaumonarchie auszubilden. Das Ziel des Studiums hat sich gewandelt. Heute werden Diplomingenieure für alle Fachbereiche der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft ausgebildet.

Der Student hat heute die Möglichkeit, im Rahmen des Studienplanes den Schwerpunkt des Studiums durch die Wahl des Themas der Diplomarbeit und der ergän zenden Wahlfächer zu beeinflussen. Zu diesen Ausbildungsschwerpunkten zählen insbesondere: Siedlungswasserwirtschaft mit Gewässer- und Umweltschutz, Hydrologie, Wasserwirtschaft, allgemeiner Wasserbau, landwirtschaftlicher Wasserbau, Bodenschutz, Geotechnik, Verkehrswesen, Stahlbeton- und Brückenbau, Agrarische Operationen, Raumplanung vor allem im ländlichen Bereich, Wasserbau und Wasserwirtschaft in Entwicklungsländern. Das Studium umfaßt fünf Jahre, im Studienplan finden sich rund 150 Fächer.

Durch seine Vielfalt und Kombination von Fächern aus den Bereichen Natur, Technik und Wirtschaft ist das Studium faszinierend: schon für den Studenten bilden die vertretenen Disziplinen eine besondere Herausforderung zur Leistung und zur Gesamtschau. Auf Grund der umfassenden Berufsvorbildung gelingt es den Kulturtechnikern, einen Kompromiß zwischen den Erfordernissen der Natur, den wirtschaftlichen Gegebenheiten und technischen Möglichkeiten herbeizuführen. Da alle Wissensgebiete der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft in rasanter Entwicklung befindlich sind — nicht zuletzt aus diesem Grund wurde das Studium „Kulturtechnik“ 1969 auf „Kulturtechnik und Wasserwirtschaft“ ausgeweitet, ohne daß aber Studienzweige normiert wurden —, wird einmal eine Straffung der Ausbildung zweckmäßig sein. Die solide Grundlagenausbildung und die Vielseitigkeit sollten aber nicht aufgegeben werden.

Seit jeher war der Kulturingenieur vorwiegend auf den ländlichen Raum hin orientiert: Verbesserung und Schutz des agrarisch genutzten Bodens, Schutz des Menschen vor der Umwelt und Schutz der Umwelt vor den Menschen stehen im Mittelpunkt.

Bei den Agrarischen Operationen geht es um die Raumordnung, im ländlichen Bereich durch Grundstückszusammenlegungen und Besitzaufschließungen aller Art, um Strukturverbesserungen, Fragen der Mechanisierung und der Energiewirtschaft, um Integralmeliorationen schlechthin, die durch die Maßnahmen des ländlichen Straßen-, Güter- und Seilwegebaues unterstützt werden.

Heute ist die Endlichkeit des globalen Lebensraumes offenkundig. Die Gewässer, der ländli che Raum und die natürliche Umwelt werden durch ihre Knappheit und Belastung immer wichtiger und wertvoller. Ernährungsund Rohstofffragen, die Erschließung und Verwertung der Energie, Fragen der Wasserwirtschaft, der Abfall- und Abwasserbehandlung und der Belastbarkeit der Natur sind Hauptprobleme des Überlebens der Menschheit.

Gerade diese Fülle der Probleme macht das Studium der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft zu einer faszinierenden Herausforderung und stellt die Absolventen in den Dienst eines global verstandenen und lokal zu praktizierenden Prinzips Verantwortung. Natumahe Kulturtechnik in verschiedenen Spannungsfeldem ist eine jener Aufgaben, welche die Universität für Bodenkultur in Forschung, Lehre und Studium als eine Werkstätte der Zukunft ausweisen.

Univ.-Prof. Manfried Welan ist Prorektor der Universität für Bodenkultur in Wien.

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