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Ein Vorbild für heute?

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Der Wiener U-Bahn-Bau, von vielen Fachleuten und Städteplanern als verspätet begonnen kritisiert, bringt auch positive Aspekte mit sich. Etwa die Renovierung und Revitalisierung der Stadtbahnpavillons von Otto Wagner. Sie sind das vielleicht klassischste Beispiel für ein ideales sezessionistisches Ensemble.

Es scheint, als habe sich bei den zuständigen Beamten im Rathaus nun endlich doch ein.neues „architektur-' ästhetisches Bewußtsein“ eingestellt. Eine Stadtbahnstation nach der anderen wird renoviert und in den Zustarid gebracht, den sich Otto Wagner selbst vorgestellt hat. Es passieren zwar immer wieder Pannen, wie im Bereich Friedensbrücke, Roßauer Lände, wo man achtlos herrliche Eisengirlanden einfach abgetragen hat. Im großen und ganzen aber scheint sich unter dem massiven Druck der Öffentlichkeit ein neues Bewußtsein durchgesetzt zu haben. Die Neubauwut der fünfziger Jähre ist verflacht. ',

Man hat auch die beiden Pavillons am Karlsplatz wieder aufgestellt und

renoviert - einer dient als Abgang zur U-Bahn, der andere soll in ein Sommercafe umgewidmet werden. Momentan beherbergt er eine Ausstellung von Skizzen, Plänen und Entwürfen von Otto Wagner zur Gestaltung der Wiener Stadtbahn (bis Ende September).

Diese Entwürfe vermitteln sehr gut die ästhetischen Vorstellungen des großen Wiener Architekten, seine Sicht einer Kunst, die von der elitären Aura des Bestaunens abrücken und zur Gebrauchskunst werden sollte. Gerade die Wiener Stadtbahnpavillons haben es Otto Wagner gestattet, mit echter Großzügigkeit ein Vorhaben zu verwirklichen, das einen Modellfall in der Geschichte des modernen Städtebaus darstellt. Hier konnte ein ganzer Komplex - der extrem funktionell war und so genau den Intentionen der Sezessionisten entsprach - die neue Bestimmung von Kunst als Kunst für das Volk, für das Leben, verdeutlichen. Hier könnte Wagner seine Vision einer „von Kunst durchzogenen Umwelt“ in Realität umsetzen.

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