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Eine Symbolfigur

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Hertha Firnberg, die am kommenden Montag den 80. Geburtstag feiert, ist neben Christian Broda und Hannes Androsch die einzig historische und damit auch bleibende Persönlichkeit der Ära Kreis-ky, die dieser im Guten wie im Bösen bestimmte und überstrahlte.

Angesichts des Aderlasses an Persönlichkeiten, den gerade die Sozialistische Partei in den letzten Monaten hinnehmen mußte, fällt der Mangel an Persönlichkeiten vom Kaliber Hertha Firnbergs schmerzlich auf. Hertha Firnberg kann aber auch ohne diesen Vergleich bestehen und verdient eine Würdigung unabhängig vom Auslaugungsprozeß, der erst lange nach ihrem Abgang von der politischen Bühne einsetzte. Nicht mit Unrecht haben Umfragen ergeben, daß sie nach Kaiserin Maria Theresia und Bertha von Suttner die den meisten Österreichern bekannte, die von ihnen am meisten gewürdigte Frau ist. In der Tat ist sie eine Symbolfigur für den gesellschaftlichen Aufstieg der Frau, den sie, ohne in die Übertreibungen des Feminismus zu verfallen, als Einzelkämpferin, aber nicht bloß für ihre Person, vorangetrieben hat.

Sie ist aber auch eine Symbolfigur für die Rangerhöhung der Wissenschaft geworden, hat sie doch mehr als ein Jahrzehnt die Funktion der Ressortleiterin des 1970 neugegründeten Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung bekleidet und in dieser Eigenschaft viel zum Fortschritt von Wissenschaft und Forschung beigetragen.

Freilich sind auch iht Enttäuschungen nicht erspart geblieben und Fehler unterlaufen, nicht nur im persönlichen Bereich, sondern auch in dem ihr anvertrauten der Hochschulen. Das von ihr maßgeblich gestaltete Universitätsorgani-sationsgesetz hat zwar einen grundsätzlichen Fortschritt in Richtung Demokratisierung und Partizipation gebracht, aber gar manche Erwartungen — wie die größere Mobilität des wissenschaftlichen Personals und die Fähigkeit der Assistenten, von den einstigen Fehlern der Ordinarien zu lernen und sie nicht abgewandelt zu wiederholen — haben sich nicht erfüllt. Auch der Zustand der SPÖ, deren langjährige stellvertretende Vorsitzende sie war, hat sie schon vor dem Offenbarwerdender Strukturdefekte besorgt gestimmt, ohne daß sie imstande gewesen wäre, Abhilfe zu schaffen.

Doch Hertha Firnberg ist die letzte, die menschliche und politische Unfehlbarkeit für sich in Anspruch nimmt. Was sie aber in Anspruch nehmen und nicht als bloßes Kompliment entgegennehmen kann, ist das Bewußtsein der Mit- und Nachwelt, es bei ihr mit einer Figur der Zeit- und Geistesgeschichte, die die üblichen Niederungen des Politischen über-

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