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Gerichte und Polizei sind in der DDR zunehmend durch die wachsende Jugendkriminalität in Anspruch genommen. Vorwiegend handelt es sich um Überfälle auf alleingehende Personen, Sachbeschädigungen in öffentlichen Anlagen und auf Baustellen, mutwilliges Zerschlagen der Armaturen an Baggern und Verwüstungen auf den Friedhöfen. Aber auch andere Delikte nehmen ständig zu.

Das DDR-Volkseigentum ist nach einer Erklärung der staatlichen DDR-Finanzrevision nicht vor Diebstahl von „Material, Maschinen und Lohngeldern“ gefeit. Wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren war, forderte die Finanzrevision jetzt die Betriebe auf, das Volkseigentum besser vor betrügerischen Handlungen zu schützen.

DDR-Generalstaatsanwalt Josef Streit hat jetzt eingeräumt, daß die „Modelle oder Programme für die Bekämpfung und Vorbeugung der Kriminalität als Ganzes“, die in den vergangenen Jahren in großem Umfang in der DDR ausgearbeitet wurden, ein Ansteigen der Kriminalität nicht verhindern konnten und „unsere Erwartungen nicht erfüllt haben“.

Besondere Sorge bereitet in diesem Zusammenhang dem SED-Regime die ständig zunehmende Zahl von Straftaten jugendlicher Täter gegen das „sozialistische Eigentum“. Obwohl die Justiz- und Sicherheitsorgane der DDR „mit aller Konsequenz“ gegen Rowdies vorgehen, konnten bisher in der DDR keine Fortschritte bei der Bekämpfung des Rowdytums erzielt werden. Aus Berichten in der

Mitteldeutschen Presse geht vielmehr hervor, daß die Zahl der Rowdystraftaten im Steigen begriffen ist. Obwohl in den meisten Fällen des Rowdytums das negative Verhalten der jungen Bürger in falscher Erziehung durch die Familie zu suchen sei, werde noch zu wenig unternommen, um den Eltern bei der Erziehung der Kinder zu helfen.

Angesichts des wachsenden Rowdy-Unwesens in der DDR hat die Karl-Marx-Städter SED-Zeitung „Freie Presse“ ihre Leser aufgefordert, von Rowdies bedrohten oder angegriffenen Mitbürgern auch unter Gewaltanwendung beizustehen und hat gleichzeitig diejenigen Bürger gerügt, die in solchen Fällen aus Gleichgültigkeit oder Feigheit passiv bleiben. Jeder Bürger habe das Recht, gegen rowdyhafte Gewalttätigkeiten, Drohungen, Belästigungen oder böswillige Beschädigungen von Sachen vorzugehen, erklärte das SED-Blatt unter Hinweis auf die Notwehrbestimmungen des DDR-Strafgesetzbuches.

In großem Umfange sind bereits 1974 in der DDR jugendliche Rowdies wegen Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gemeinnütziger Arbeit in verschiedenen Betrieben herangezogen worden. Wie aus gutunterrichteten Kreisen zu erfahren war, habe sich diese Strafmaßnahme in vielen Fällen als wirksam und erfolgreich erwiesen. Bei schweren Fällen von Rowdytum kommen die Jugendlichen allerdings nicht so billig davon. Die DDR-Gerichte sprechen immer häufiger Freiheitsstrafen aus, um des Rowdytums Herr zu werden.

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