Auf nach Weimar

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Über eine menschenfreundliche Stadt.

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Über eine menschenfreundliche Stadt.

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Zwanzig Jahre ist es heuer her, dass ein Kabelbrand das oberste Geschoß der Herzogin Anna Amalia Bibliothek und damit 50.000 kostbare Bücher zerstörte. Das könnte man zum Anlass nehmen, der wieder instandgesetzten Rokokopracht (mit Entlehnbetrieb!) einen Besuch abzustatten. Außerdem wird der 200. Geburtstag der Großherzogin Sophie von Sachsen-Weimar-Eisenach mit einer Sonderausstellung im Goethe- und Schiller-Archiv begangen – die Niederländerin gründete das erste deutsche Literaturarchiv mit Forschungsauftrag und regte die erste Goethe-Gesamtausgabe an. In Weimar war aber nicht nur die Klassik zu Hause, sondern auch, seit 1919, das Staatliche Bauhaus mit Walter Gropius. 1924 rückte die Thüringer Landesregierung nach rechts und schritt zur Vertreibung der Bauhäusler, mittels einer heute in autoritären Kontexten beliebten Methode: Man halbierte ihr Budget.

Weil diesen September, hundert Jahre danach, eine prekäre Landtagswahl in Thüringen ansteht, hat die Klassik Stiftung Weimar das „Themenjahr“ „Auf/Bruch“ ausgerufen: Im Nietzsche-Archiv, dem ehemaligen Wohnhaus des Philosophen und seiner nicht nur politisch berüchtigten Schwester, geht es um „Nietzsche im Nationalsozialismus“, und ab 9. Mai läuft im neuen, schlicht-eleganten Bauhaus-Museum sowie im einst von Harry Graf Kessler geleiteten Museum Neues Weimar die Ausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ – da gab es nämlich keineswegs nur natürliche Feindschaft, sondern auch Berührungspunkte und Bündnisse.

„Lächerlich, solch ein Geniekult, lächerlich, ein Leben in Spiritus zu konservieren, lächerlich, die Bewohner einer Stadt zu Mitwirkenden eines beständigen Passionsspieles zu machen“, fand Egon Erwin Kisch 1926. Sitzt man im Museumscafé „Kunstpause“ und lässt die Begegnungen in dieser menschenfreundlichen Stadt Revue passieren, mutet dieser Befund eindeutig überholt an.

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