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Ausgleich durch Steuererhhung

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Das Defizit in der Staatskasse, das auf zehn Milliarden belgischer Franken geschätzt wird, soll durch Erhöhung der Steuern um fünf Milliarden und durch Einsparungen von weiteren fünf Milliarden ausgeglichen werden; ein Projekt, das aber bisher etliche Zugeständnisse auf sich nehmen mußte. Die Steuererhöhung soll einerseits direkt erfolgen, aber vor allem die überdurchschnittlichen Einkommen treffen (was wohl der Hauptgrund der Unzufriedenheit des liberalen Flügels ist, und nicht die vorgeschobene Treue zu den Wahlversprechen...), anderseits indirekt durch erhöhte Fiskalbelastungen auf Alkohol, Rauchwaren und anderes (der Zigarettenpreis soll von 13.50 auf 17.50 erhöht werden). Eines der Zugeständnisse, die Finanzminister De Clercq den Liberalen machen mußte, bestand darin, die zweite Rate der Vorgesehenen Steuererweiterungenm um einige Monaite zurückzustellen. Ist das Projekt vom Parlament einmal angenommen und hat die Regierung die gewünschten Vollmachten erhalten — und es scheint augenblicklich, daß es dazu kommen wird —, so steht es dem Finanzministerium allerdings frei, die neuen Gesetze kurzfristig in Kraft zu setzen.

Noch scheint es aber unsicher, daß die öffentliche Meinung den Ernst der Lage anerkennen wird, der das Land und seine Institutionen bedroht Daß die wirtschaftliche Krise weiter um sich greift, dürfte aber auch den optimistischen Kreisen langsam bewußt werden. Es sind gerade die traditionellen Industrien der Kohlen- und Stahlbranche, die vivm Rückgang der Konjunktur bisher am schwersten betroffen wurden. Sozial fällt am meisten ins Gewicht die Stillegung von Kohlanzechen,die immer größere Ausmaße annimmt.

An Stimmen, die nach einer wirtschaftlichen Gesundung der betroffenen Gebiete rufen, fehlt es nicht. Da es vor allem die Wallonie ist, mit den Zentren von Charleroi und Lüttich, welche die belgische Schwerindustrie beherbergt, verlangen die wallonischen Parlamentarier von der Regierung, dem französischsprechenden Landesteil im Budget größere Bedeutung zukommen zu lassen, um das wirtschaftliche Wiederflottmachen der Wallonie zu beschleunigen. Daß von diesen Forderungen bis zum Verlangen nach einer vollständigen Föderalisierung nur ein kleiner Schritt ist, wird niemanden erstaunen, der über die Leidenschaften im Bild ist, mit denen die Auseinandersetzung zwischen Flamen und Wallonen geführt wird. Ob aber ein föderalistisches Belgien (sei es in zwei Teilen, Flandern und Wallonie, oder in dreien, mit Brüssel als Puffer zwischen den beiden) eher imstande wäre, die wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten des Landes zu beheben? Die meisten hellsichtigen Politiker und Experten stellen diese Möglichkeit in Abrede.

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