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FILM

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Haben wir vorige Woche Ber-nardo Bertolucci als enfant terrible des internationalen Films apostrophiert, gilt dies erst recht, wenn auch in anderer Weise, für den Exil-Polen Roman Polanski. Erhält es nicht mit kommunistischer Agitation, setzte aber, abgesehen von seinem noch in der alten Heimat gestalteten Erstling „Das Messer im Wasser“, immer auf gewisse Schockwirkungen, die allerdings bei der heurigen Wiederaufführung von „Ekel“ schon sehr sublimiert gewirkt haben. Die Qualität seiner ersten Filme erreichte Polanski später nicht mehr.

In seinem jüngsten Werk „Der Mieter“, das Polanski als nunmehriger Bürger dieses Landes in Frankreich gedreht hat, schließt er am ehesten wieder an „Ekel“ an. Es ist die Geschichte eines Angestellten, der in Paris eine Wohnung mietet, in der vorher eine junge Frau lebte, die durch einen Sprung aus ihrem Fenster in den Freitod ging. Bei den Nachforschungen nach der Persönlichkeit der Toten trifft der Mann auf eine ihrer Freundinnen. Zugleich muß er merken, welchen psychischen Terror einige der anderen Hausbewohner auch allmählich auf ihn, der abgesehen von einer Einstandsparty ein recht ruhiges Leben führt, ausüben. Man schiebt ihm Lärmerzeugung, an der er völlig unschuldig ist, in die Schuhe und droht ihm mit der Kündigung. Die Attacken seiner heben Mitmenschen treiben ihn allmählich in eine Welt von Alpträumen und wildem Verfolgungswahn. Auch bei der Freundin der Toten findet er nicht die ersehnte Geborgenheit und Ruhe. Nach kurzem Aufenthalt in einem schäbigen Hotel erleidet er einen Autounfall, kehrt aber bald wieder in seine Wohnung zurück. Bis dahin hat sich seine Paranoia so weit gesteigert, daß er die Kleider seiner Wohnungsvorgängerin anlegt, sich als Frau schminkt und zuletzt wie sie in den Tod geht.

Dieses Psychodrama hat Polanski auf weite Strecken als fesselnde klinische Studie realisiert. Von der durchaus realen Figur eines einfachen, bescheidenen und scheuen Kleinbürgers aus entwik-kelt er deren aussichtslosen Kampf gegen eine Umwelt, die sich bösartig und gespenstisch präsentiert und in der er sich in tragischer Einsamkeit fühlen muß. Wenn Polanski dann den Sprung in die Tiefe gleich zweimal bis zum absolut letalen Ausgang ausführen läßt, so ist dies eine der für ihn typischen Ubersteigerungen, die dem Streifen auch gegen Schluß in den langen Passagen, wo der arme Mieter immer mehr in die Persönlichkeit seiner Vorgängerin schlüpft, manche Leerläufe einbringt.

Großes Verdienst am weitgehenden Gelingen des Films kommt dem Darsteller Polanski zu, der sich hier erstmals selbst in der Hauptrolle eingesetzt hat. Er überzeichnet nicht, sondern bleibt im mimischen Ausdruck sparsam und überzeugend. Eine Entdeckung ist ihm zweifellos mit seiner Partnerin Isabelle Adjani gelungen.

Endlich kann auch wieder ein Werk des heiteren Genres hervorgehoben werden. MelBrooks hat ein „Silent Movie“ gedreht, das unter dem Titel „Mel Brooks' letzte Verrücktheit“ auf den Markt kommt Hier wird in Form eines stummen Films - natürlich mit Musik und Geräuschen - die Herstellung eines Stummfilms Anno 1976 als Handlungsgerüst und das Genre selbst parodiert. Und dies in einer sehr gescheiten und witzigen Art mit zahlreichen Elementen der Slap-stick-Comedies und einer Fülle von blendenden Gags, wenn auch manche in Wiederholungen strapaziert werden. Neben Mel Brooks selbst sorgen Marty Feldman, Dom de Louise und Sid Caesar sowie als „Gaststars“ Burt Reynolds, James Caan, Liza Minnelli, Anne Ban-croft, Marcel Marceau und Paul Newman für ein unbeschwertes Vergnügen.

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