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Flugsicherung am Limit

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In Brüssel laufen Bemühungen um ein einheitliches Flugsiche-rungssytem. Derzeit wird dieses Projekt durch den Nationalstolz einiger Länder verzögert.

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In Brüssel laufen Bemühungen um ein einheitliches Flugsiche-rungssytem. Derzeit wird dieses Projekt durch den Nationalstolz einiger Länder verzögert.

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War es bis jetzt üblich, daß sämtliche Linienflüge ins Ausland streng reglementiert waren, soll dies mit der Einführung des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) anders werden. Jedes Linienunternehmen darf in jedem EWR-Mitgliedsland gewerbsmäßige Flüge durchführen.

Ein geradezu paradiesischer Zustand für den Konsumenten, da der freie Konkurrenzkampf endlich auch in die Luftfahrt einziehen wird. Die Preise sollten extrem fallen und das Angebot an Flügen sich deutlich erhöhen. Ob diese Situation aber tatsächlich so rosig für alle sein wird, wird sich zeigen.

Ein gewichtiger Faktor im Luftverkehr des EWR wird sicherlich die Flugsicherung spielen. Die heimische

Flugsicherung zählt innerhalb Europas zu den führenden Organisationen dieser Art. Schon immer war Österreich ein Verkehrsknotenpunkt des Nord-Süd beziehungsweise West-Ost Flugverkehrs. 1.600 Flüge (Ein-, Aus-und Überflüge) in den Sommermonaten in 24 Stunden waren auch bisher keine Seltenheit. Mit diesem Gewühl an Flugzeugen ist die Kapazität der österreichischen Flugsicherung aber schon ziemlich ausgeschöpft.

Das oberste Gebot der Flugsicherung ist die Flugsicherheit. Sämtliche Instrumentenflüge - dazu zählen alle Linienflüge - werden von den einzelnen Flugsicherungsstellen der Länder, die diese befliegen, erfaßt. Die Flugzeuge bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 800 Stundenkilometern ihrem Zielflughafen entgegen. Der Pilot wäre kaum in der Lage, ein anderes Flugzeug, das sich in der gleichen Flughöhe befindet, zu erkennen, darauf zu reagieren und auch auszuweichen.

Die Annäherungsgeschwindigkeit zweier Flugzeuge beträgt etwa 1.600 Kilometer/Stunde oder444 Meter/Sekunde. Man kann sich vorstellen, wie schnell die Reaktion sein müßte, um einen Zusammenstoß oder eine gefährliche Annäherung zu vermeiden. Zu diesem Zwecke wurde die Flugsicherung geschaffen.

Durch gezielte Koordination des Verkehrsablaufes werden die Luftfahrzeuge gleichmäßig auf die einzelnen Luftstraßen verteilt. Diese Abstimmung des Flugverkehrs erfolgt teilweise bis zu zwölf Stunden bevor der Flieger von der Startbahn abhebt. Der Hintergrund dafür ist, daß über bestimmten Punkten nur eine begrenzte Anzahl von Flugzeugen zur gleichen Zeit sein darf, um die erforderlichen Sicherheitsabstände gewährleisten zu können.

Diese Mindestabstände können und dürfen auch in einem EWR nicht unterschritten werden. Daraus ergibt sich, daß eine Ausweitung der Flugbewegungen unmöglich erscheint.

Die internationale Zivilluftfahrtbehörde ICAO (International Civil Aviation Organisation) legt die Mindestabstände zwischen den einzelnen Flugzeugen fest.

Mit diesen Vorgaben wird weltweit die Staffelung des Flugverkehrs gewährleistet. Sie lauten: fünf Nautische Meilen = acht Kilometer Abstand horizontal und 1.000 Fuß beziehungsweise ab einer Höhe von 30.000 Fuß (8.000 Meter) 2.000 Fuß vertikal, das entspricht etwa 300 beziehungsweise 600 Metern. Das würde bedeuten, daß es bei einem Mehrangebot an Flügen unweigerlich zu Verspätungen kommen wird.

Vielleicht bewirkt aber der EWR, daß die einzelnen nationalen Flugsicherungen harmonisiert werden. Derzeit wird in jedem Land eine eigene Flugsicherung betrieben. Die Systeme sind zum Großteil aber nicht kompatibel. In Zeiten der Computertechnik fast unvorstellbar. Durch diese Uneinheitlichkeit entsteht vermehrt unnötige Koordinationsarbeit und diese wiederum verursacht Verspätungen.

„Eurocontrol", mit Sitz in Brüssel, hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, ein einheitliches Flugsicherungssystem für Europa zu entwickeln. Derzeit wird dieses Projekt durch den nationalen Stolz der einzelnen Länder erschwert. Der Weg ist sicherlich steinig, aber nicht aussichtslos. „Eurocontrol" übernimmt aber schon seit Jahren die Verrechnung.der Flugsicherungsstreckengebühren, eine Art Luftstraßenmaut, und das ohne Probleme.

Ob EWR oder EG - die Ziele sind vorgegeben: Sicherheit, mehr Service am Kunden, „Airline" und Piloten und vor allem auch im Bereich der Flugsicherung eine vernünftige Privatisierung und einen gesunden Wettbewerb.

Der Autor ist Geschäftsführer der AIRCOM GmbH.

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