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Frau Bandaranaikes Sorgen

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Auf den ersten Blick könnte es merkwürdig erscheinen, daß sich der Premierminister von Ceylon, Frau Bandaramaike, mit der Bitte um Waffen an ein Land wie Großbritannien gewandt hat, und noch merkwürdiger, daß die britische Regierung diesem Gesuch stattgegeben hat.

Denn in der Regierung Banda- ranailce sitzen Marxisten, und einer ihrer ersten Beschlüsse nach ihrem Amtsantritt im vorigen Jahr war die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Nordvietnam, Nordkorea und der DDR.

Aber natürlich ist Großbritannien nicht das einzige Land, das Waffen liefern will. Vor der Küste von Ceylon liegen vier indische Fregatten vor Anker. Sie sollen Waffen an Bord haben, die die Regierung Ban- daranaike in ihrem Kampf gegen den Aufstand der linksradikalen „Volksbefreiungsfront” dringend benötigt.

Ober den wahren Charakter dieser Bewegung weiß man sehr wenig. Ihr Führer soll ein Sechsundzwanzigjähriger sein, der in Moskau Medizin studiert hat, dann Maoist wurde und später mit der proehinesischen Kommunistischen Partei Ceylons brach. Aber das Ausmaß des Aufstandes (in einigen Meldungen ist von tausend Toten in den letzten vier Wochen die Rede), die großen Waffenlager und die Art, wie das Ganze organisiert ist, lassen auf Unterstützung von außen schließen. Frau Bandaranaike hat die Aufstän dischen als „Che Guevaristen” bezeichnet — ohne Zweifel aus diplomatischen Gründen. Aber ist die Macht, die hinter ihnen steht, die Sowjetunion oder das kommunistische China? Diese Frage läßt sich auch jetzt noch schwer beantworten Für die Sowjetunion, die wachsendes Interesse am Indischen Ozear zeigt und ihre Flotte dort weiter verstärkt, wäre Ceylon ein wichtige: Stützpunkt. Anderseits ist zu bedenken, daß der jetzige Aufstand ir Ceylon eine gewisse Ähnlichkeit mil dem Putschversuch der prochinesischen Kommunistischen Partei ir Indonesien zeigt. Die „Handschrlfl der Rebellion” deutet also auf China Die von marxistischen Ideen beeinflußte Wirtschaftspolitik der Regierung Bandaranaike hat sich als völlig erfolglos erwiesen. Die Arbeitslosigkeit nahm zu, die Preis« stiegen, die Nachfrage nach den beiden wichtigsten Produkten des Landes, Tee und Kautschuk, ist star! zurückgegangen.

Aber seit der Unabhängigkeitserklärung vor mehr als zwanzig Jahren hat sich anderseits Ceylor seine parlamentarische Demokratie bewahren können — mit einen

Wechsel von Regierungen der Lanken wie der Rechten. Die Regierung Bandaranaike ist aus demokratischen Wahlen hervorgegangen. Großbritannien hat Ceylon von Anfang an Waffen zu seiner Verteidigung geliefert Beachtlich ist ja auch, daß sich Premierminister Bandaranaike in dieser Krise nicht an befreundete Länder wie die DDR

oder Nordvietnam gewandt hat, sondern an solche, denen „Imperialismus” vorgeworfen wird.

Die neuen Waffenlieferungen sollten es der Regierung von Ceylon ermöglichen, den Aufstand endgültig niederzuschlagen. Damit wären allerdings keineswegs alle Probleme gelöst. Die Lage ist ernst und wird es auf absehbare Zeit bleiben.

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