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Insel der Ritter

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Dem gleichermaßen ambitionierten wie längst renommierten Prestel-Verlag in München ist die deutschsprachige Publikation der Monographie „Malta“ aus der Feder des Engländers Quentin Hughes zu verdanken. Hat man sich auf dem bereits weit gewordenen Feld der maltesischen Literatur umgesehen, wird man unschwer die Verdienste gerade dieser mit großer historischer, kultureller und touristischer Sachkenntnis verfaßten Monographie erkennen, die der Verlag mit bibliophiler Liebe ausgestattet hat. Hughes inter-

pretiert das maltesische Eiland — 100 km südlich von Sizilien auf halbem Wege zwischen Europa und Afrika gelegen — als Spiegel der europäischen Geschichte, in dem der Beschauer Phönizier, Karthager und Römer, den Völkerapostel Paulus und den Evangelisten Lukas, Araber und Normannen, Anjous, Aragonier und Kastilier, Türken, Franzosen und Engländer auf ihrem Weg durch die Zeit erkennt. Im Zentrum des Selbstverständnisses der Mittelmeerinsel aber steht der Orden des hl; Johannes von Jerusalem, der dreihundert Jahre auf Malta seine Heimat fand und sogar den Namen der Insel zu seinem eigenen Prädi-

kat erhob. Tatsächlich leistete der Malteserorden, wie in sieben der elf Kapitel ausgeführt wird, auf Malta Pioniertaten der Architektur im Städtebau und Befestigungswesen, inspirierte Künstler von europäischem Format zu Schöpfungen, die noch heute den Besucher der Insel erfreuen und gründete auf dem Bildungssektor Schulen, ja sogar eine Universität, deren nautisch-medizinische Fakultät zu den Unikaten im Wissenschaftsbetrieb des 2. Jahrtausends nach Christus zählte. Die Malteserritter bewerkstelligten den Ausbau des Felseneilandes zur trutzigen Seefestung, errichteten in der nach dem berühmten Großmeister La Valette genannten Kapitale eine der faszinierendsten Barockstädte des mediterranen Raumes und schufen in spiritueller, sozialhospitalitärer und seefahrerischen Hinsicht ein Ordenszentrum, das jene von Jerusalem und Akko, von Zypern und vor allem Rhodos bei weitem überhöhte.

Dem Autor gelang es, die „große Belagerung“, den heldenhaft geführten Defensivkampf des Malteser-Ritter-Ordens gegen die übermächtige Flotte des Islam im Jahre 1565, der das Abendland vor einer universellen Türkenherrschaft und Mosle-misierung errettete, in prägnanter und historisch leidenschaftsloser Weise darzustellen. Einem kleinen Korrekturvorschlag sei allerdings Raum gegeben: Es ist unrichtig, den Malteser-Orden als „paramilitärische“ Organisation zu bezeichnen (p. 33). Dem allgemeinen Verständnis der europäischen Fürstenhöfe und Staaten zufolge trug damals der Malteserorden hospitalitären und militärischen Charakter und fungierte auftragsgemäß als europäische Seepolizei der christlichen Völker, der entscheidende Ordnungs- und sicherheitspolitische Aufgaben einhellig anvertraut waren, wie aus den Forschungen des bekannten Malteser-Historikers Arthur Breycha-Vau-thier eindeutig hervorgeht.

MALTA. Von Quentin Hughes, Deutsch von Peter de Mendelssohn, Prestel-V'erlag, München 1972, 380 Seiten mit 4 Farbtafeln, 80 Seiten Phototafeln, 5 Plänen und 1 Übersichtskarte.

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