Die Marginale eines Kommentators, zehn Minuten nach dem Abschied Papst Jan Pawels von Staatspräsident Henryk Jablonski, der Pontifex habe innerhalb von neun Tagen „ein komplettes Programm vatikanischer Ostpolitik“ entwickelt, war ebenso gut gemeint wie falsch, gibt es doch keine generelle Doktrin, die für „alle Staaten der Welt“ Geltung beansprucht, gleich einem westlichen Reisepaß. ■Die gesellschafts- und staatspolitischen Elemente einer religiösen Visite, deren Faszination alle erfindbaren journalistischen Superlative mobilisiert, entsprachen jedoch dem pastoralpolitischen
Nimmt man an der Wertschätzung klassischer Werke der Weltliteratur Maß, die Moskaus Literaturkommissare bei der Festsetzung einer Auflagenstarke beibringen, so ist das Buch der Bücher zweifelsohne im Ansehen des Kreml gestiegen. Noch vor Jahren galt eine Handausgabe des Neuen Testamentes als unerfüllbarer Traum orthodoxer Theologiestudenten in Zagorsk oder Leningrad. Heute nähert sich diese Wunschvorstellung auch für den gläubigen Laien und UdSSR-Bürger der Realisierung. Zwar sind Bibeln auf dem sowjetischen Schwarzmarkt noch immer ein gefragter Artikel, für den hohe Preise erzielt
Kann es eine „Islamische Republik“ geben, wenn doch der Traum einer „Christlichen Republik“ im Fortschreiten politischer Erkenntnis zerronnen ist und der „mündige Christ mit Wissen und Gewissen“ dem Gemeinwesen, der Gesellschaft, dem Staate, den Verbänden sich zu stellen hat? Oder ersteht aus dem Trümmerfeld persischer Politik wirklich eine gottunmittelbare Theokratie? Geht es dem Ayatullah um religionsbeglaubigte Macht allein, in den historischen Kostümen islamischer Tradition?In einer Studie skizziert der protestantische Theologe und Islamist Ulrich Schoen das Ausgangsbild:
Zu den Standardrätseln, die sich aus internationalen Ereignissen, wie dem Umsturz im Iran, der „Strafaktion“ chinesischer motorisierter Verbände in Vietnam und ähnlichen politischen Bewegungen ergeben, zählt die schlichte Frage: „Cui bono?“ Wem nützt .die Veränderung?Müht man sich um eine deutliche Erhellung der Hintergründe weltpolitischen Geschehens, hat man jene Disziplin zu konsultieren, die sich hinter dem Begriff der „Geopolitik“ verbirgt. Was ist Geopolitik? Sie ist die Beziehung der politischen Mächte zu den geographischen Gegebenheiten.Will man etwa den Einfluß
Reineke Fuchs, dessen politische Epigonen im Kreml die handfeste Strategie und Flüstertaktik des „Teile und herrsche“ mit schier meisterhafter Behutsamkeit ihrer kirchenpolitischen Verhaltensrezeptur einverleiben, feiert seit Jahren in den einschlägigen Kanzleien sozialistischer Brudernationen fröhlich-lustige Urständ, Pfeifen es doch die volksdemokratischen Spatzen von den Dächern der Dome am Hrad-schin und in Estergom, in den Hauptstädten Polens wie der Deutschen Demokratischen Republik, daß man durch Spaltungsgerüchte rund um das päpstliche Staatssekretariat Vorteile zur
„Dieses Opus Dei, sind das die politischen Brigaden des Vatikans oder die päpstliche Freimaurerei?“ fragte ein Sowjetprofessor an der Moskauer Lomonossow-Universität; die Frage erhob sich nach einem Symposion katholischer Ethiker mit marxistischen Atheismus-Spezialisten. Sie erhebt sich auch zum 2. Oktober 1978, dem Goldjubiläum dieses Institutes, das anders ist als eine säkulare Kongregation, anders als ein monastischer Orden im Alltagskleid, anders als ein frommer Verein, abseits von den Strukturen der universalen Kirche. .
Was bedeuten 20 Jahre Abstand? Für den Wandel der Gestirne ein schier unmeßbares Teilchen einer göttlichen Sekunde. Für den Lauf des humanen Lebens eine respektable Größe der Entwicklung: vom Lallen der Unmündigen zum Entscheidungswort des Mannes. Für die Metamorphosen der Herzen und Gewissen aber dünken zwanzig Jahre eine Ewigkeit. Allzumal der Weltenwandel stimuliert. Am 9. Oktober jährt sich der 20. Todestag eines Papstes, der im „Zerrbild“ der Geschichte steht: Pius XII., der als Eugenio Pacelli den Thron St. Petri 1939 bestiegen hatte.Der Verdächtigungen und Apotheosen
Wer vor Monatsfrist in der von technischer Sensibilität und einem Hauch konziliarer Mystik durchstrahlten Audienzhalle neben St. Peter dem Oberhaupt der katholischen Christenheit begegnete, erlebte einen „testis fidelis“.“ Einen glaubensfesten Zeugen seiner Kirche, keinen geistlichen „Hamlet“. Einen zielsicheren, von opfernder Liebe motivierten Bischof auf Petri Stuhl, keinen ästimablen, doch zeitentrückten Papst, dessen einziges Kriterium die Schwäche wäre. Man erlebte einen Papst, der an der Schwelle eines Gedenktages, den abergläubische Menschen als „verflixte 13“ etikettieren würden, mit einer Sprache, die ihn als wahrhaft bedeutenden Nachfolger eines Leo XIII., eines Pius XII., eines Johannes XXIII. ausweist.
Der rote Hut, das rote Birett sind die Zeichen der Kardinäle, der „Türangeln“ der Heiligen Römischen Kirche. Rot — und hier sind gegenüber den Totalitarismen des ausgehenden zweiten Jahrtausends nach Christus Prioritäten anzumelden — das ist die Farbe des Heiligen Geistes, des Feuers im pfingstlichen Wunder. Es meinit mit seinem unverwechselbaren Kolorit die Zeu-gensdhaft, das Martyrium — im letzten Sinne auch auf dem Schafott. Und es gilt von nun an für 19 Kandidaten, die Papst Paul VI. am 24. Mai 1976 in das Kollegium der Kardinäle erheben wird. Welch ein Zeichen! Zwei
Welch ein Hohn! Die „Eine Welt“, die „Menschheitsfamilie“, die globale Kommunikation mitmenschli-fcher Solidarität! Dieser Erdball voll von Haß und Bitterkeit, Schrecken und Angst, Not und Pein, Hunger und Hypertrophie der Reichen und Superreichen. Diese nahezu kosmisch wahrnehmbare Bedrohung, „Aggression“ schlechthin. Und nimmt man's genau, bedarf es eigentlich gar nicht der analytischen Bewältigung des Nord-Süd-Konfliktes zwischen Industriepotenzen und Habenichtsen der berüchtigten „Vierten Welt“ McNa-maras; bedarf es nicht der wechselseitigen Prognosen einstürzender
Dem gleichermaßen ambitionierten wie längst renommierten Prestel-Verlag in München ist die deutschsprachige Publikation der Monographie „Malta“ aus der Feder des Engländers Quentin Hughes zu verdanken. Hat man sich auf dem bereits weit gewordenen Feld der maltesischen Literatur umgesehen, wird man unschwer die Verdienste gerade dieser mit großer historischer, kultureller und touristischer Sachkenntnis verfaßten Monographie erkennen, die der Verlag mit bibliophiler Liebe ausgestattet hat. Hughes inter-pretiert das maltesische Eiland — 100 km südlich von Sizilien auf halbem Wege
Dem Altmeister europäischer Völkerlehre und bedeutendsten christlichen Professor der Rechtsphilosophie des Abendlandes an der Schwelle zum dritten Jahrtausend nach Christi Geburt, Alfred Verdross, wurde zu seinem Eintritt in den ehrwürdigen Bund der Okto- genarier eine literarische Ehrung in Gestalt vorliegender Festschrift zuteil, die in ihrer weitgespannten Konzeption, durch den wissenschaftlichen Glanz ihrer Autoren und die Tiefe auszulotender Probleme völkerrechtlichen und rechsphilosophi- scher Denkkreise manches in den Schatten stellt, was an hohen Geburtstagen geboten wird. Der
Papstgeschichten leiden mitunter an Perspektiven des Autors, die für den einen, den Fachgelehrten, zur Freude für den anderen, den gebildeten Leser aus Laienkreisen, zum Nachteil gereichen. Es ist die methodische Zugrundelegung, die entweder nur der Pflege der Wissenschaft oder nur einer sogenannten „populären“ Darstellungsweise verpflichtet erscheint. Es ist aber auch das thematische Grundmotiv, das mitunter Freude oder Enttäuschung hervorruft: entweder werden nur die Päpste im strengen, engen Sinn zum Gegenstand wissenschaftlichen oder volkstümlichen Bemühens oder es wird jene
Wenn am 20. August 1970 die Katholiken Ungarns den 1000. Geburtstag Stephans des Heiligen begehen und nach zwanzigjähriger Unterbrechung wieder an der Spitze einer feierlichen Prozession auf der Burg von Buda die einbalsamierte Rechte des ersten ungarischen Königs verehrt wird, wird kaum ein Gläubiger des Magyarenlandes in seinen Gedanken beim antiklerikalen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ verweilen. Sagte doch diese pseudo-theologisch agierende Revue den Katholiken rund um die heilige Stephanskrone ob ihrer „Antiquiertheit“, ihrer „reaktionären Gesinnung“ und ihres „Konservativismus“ nicht nur den Beifall stalinistischer Staatsfunktionäre, sondern auch das baldige Aussterben voraus.
Wer in diesen Tagen Bonns Rheinpromenade zu einem Meinungsanstausch ohne gebührende Achtung für den hereinbrechenden Frühling mißbraucht und die europäische Aufmerksamkeit, die sich nach Kassel orientiert, einem analysierenden Studium unterzieht, kann sich den düsteren Wolken nicht entziehen, die Bundeskanzler Willy Brandt schon am 20. März beschworen hat.
Wer mit der Bestürzung eines eingewiegten Mitteleuropäers die Ermordung des bundesdeutschen Botschafters in Guatemala durch verbrecherische Guerillas ad notam nimmt, den brutalen Stil rechtsorientierter Polizeipotentanten und ehrgeiztrunkener Offiziersjunten den Dschungelhelden der Linksrevolution konfrontiert, schließlich das Debakel internationaler Entwicklungshilfe an der unüberwindlichen Mauer iberoamerikanischer Korruption dazutut, dem ist danach, den südamerikanischen Vulkan der Welt einfach abzuschreiben. Steht nun der Gesellschaftsform dieses gigantischen Subkontinents, die wahrscheinlich im Erbe der politischen Gewalttaten spanischer Konquistadoren wurzelt und in der ersatzlosen Vernichtung seiner Tradition fortsetzte, keinerlei konstruktive, demokratisch und zugleich sozial engagierte Kraft gegenüber? Gibt es in Südamerika keine „Christliche Demokratie“?
Die gar nicht frühlinghafte Spätwinterbrise, die den Spaziergänger „Unter den Linden“ und aus dem Osten frösteln macht, läßt die Fenster der Arbeitsräume des ostzonalen Ministerpräsidenten Willi Stoph noch unheimlicher aus dem Dunkel der Nacht vor dem letzten Wochenende hervortreten. Wenige verzagte Menschen, die zur selben Stunde Palmkätzchen für die Weihe am „Sonntag vom Leiden des Herrn“ in den Westberliner Diasporakirchen heimtrugen, meditieren offensichtlich über die schockartig provozierten, neuen Perspektiven, die sich aus dem Erfurter Treffen für die geteilte Stadt
Kritik ist meistens scharf, besonders wenn sie Gegenwärtiges betrifft Jeder Kritik haftet auch eine gewisse Einseitigkeit an, weil sie das Negative an kritisierten Zuständen oder Personen ans Licht zieht Kritik hat aber auch Berechtigung und jeder kann für sich das Recht dazu in Anspruch nehmen, wenn er glaubt, dies aus Verantwortung und Sachkenntnis heraus tun zu können. Wir glauben, dem Autor nachfolgender Kritik beides zubilligen zu können. Es wird heute vieles an der Kirche kritisiert und reformiert. Dabei wird alles Alte im scharfen Gegensatz zum Neuen gestellt. Der Autor stellt das Fragwürdige des Neuen ins grelle Rampenlicht und zeigt das Bedenkliche daran auf. „Die Furche“
Demoskopie ist eine moderne Sache. Nicht alle modernen Sachen sind gut. Aber Demoskopie, Meinungsbefragung, Querschnittsforschung, Repräsentativuntersuchungen sind eine moderne Sache und eine gute Sache zugleich. Darum bedient sich auch die Kirche dieser soziologiewissenschaftlichen Hilfsmittel. Aber jedes Vorhaben ist nur dann in seinem Effekt gut, wenn es das Kriterium der Redlichkeit an sich trägt. Und beileibe nicht jede Meinungsforschung zeichnet sich durch wissenschaftliche Sauberkeit, Exaktheit und jene verschiedenartigen Rücksichtnahmen aus, die ein bestimmtes zu erforschendes Objekt dank seiner Natur verlangt