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Ionescos „Schlamm“

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Kugėne lonežco! 1912 in" Rumänien’ geboren und 1940 endgültig nach Frankreich übersiedelt, Mitglied der Acadėmie Franęaise seit 1970, braucht als Autor keine Vorstellung. Sein vermutlich populärstes Stück „ Die Nashörner“ (Les Rhinocėros, 1959), wurde auch 1963 Thema eines Zeichenfilmexperiments von Jan Lenica — doch das waren der einzige bisherige Berührungspunkt des wohl schwer in die Sprache des Films umsetzbaren Dichters mit der siebenten Kunst.

Als Vorfestwochenpremiere, sogar als „Welturaufführung“ hatte Wien die ehrenvolle Gelegenheit, nicht nur den neuesten Film von Ionesco, sondern auch den ersten mit Ionesco sehen zu können, „La Vase“ in einer schweizerisch-französischen Koproduktion hergestellt und im Auditorium maximum sinnvoll vorgeführt. Der eineinhalbsfündige Farbfilm schildert den Prozeß der fortschreitenden Ablösung eines Menschen von seiner Umwelt — eine tatsächlich ebenso einfache wie leicht- verständliche Handlung: sein ganzes Leben war ein Mann (von Ionesco unwahrscheinlich überzeugend im Stil Michel Simons dargestellt) munter und fröhlich, beweglich — bis er eines Morgens erstmals einen

Schmerz verspürt,- der’ sich allmäh- lich fast völlig zur Reduktion seiner Lebensaktivität auswächst, ihn in sein Zimmer, schließlich sogar in den Lehnstuhl bannt. Sein letztes Aufbäumen und der Versuch, sich gegen seinen Verfall zu wehren, enden auf der Straße, in einer Lache, im Schlamm: hier erlebt er, endlich von allem vergeblichen Wollen verlassen und fast glücklich, seine totale langsam fortschreitende Auflösung…

Der bedeutende Anteil des Autors an dem Film wird nicht ‘allem durch Drehbuch und Darstellung der Hauptfigur in dem faszinierenden und nicht eine Minute langweilenden Werk spürbar, sondern darüber hinaus nicht minder deutlich auch in der Regie, die geradezu die Intentionen und Gedanken des Dichters Bild werden läßt; von der französischen Avantgarde Bunuels und Dalis über den Surrealismus eines Cocteau bis zu den abstrakten bürgerschrek- kenden Schocks Ionescos selbst zieht sich die bildsprachliche Palette dieses künstlerisch bemerkenswerten Werkes, das wohl leider nur einem kleinen Publikumskreis zugänglich sein dürfte, aber große Aufmerksamkeit in Filmkreisen verdienen würde.

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