Corona im Advent: Lichtlein brennt

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Was uns die Pandemie über den "Inbegriff des Lebens" lehren könnte.

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Was uns die Pandemie über den "Inbegriff des Lebens" lehren könnte.

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Die Adventzeit fordert Besinnlichkeit. „Eigentlich sollten wir uns nichts…“ – „Wenig, wegen des Klimas und so weiter…“ - „Wir wollten diesmal bescheidener…“ Die Praxis ist: erhoffter Umsatzboom und pandemisch-konsumistische Stressverschärfung.

Mittlerweile sind wir alle Seuchenerfahrene, Virusprofis, Lockdownsouveräne. Reflexionsmomente hat es in Wahrheit nur im ersten Schock gegeben, im Frühjahr 2020. Im Sommer wähnte man schon alles vorüber, dabei hatte es noch gar nicht richtig angefangen. Trotz der objektiv zunehmenden Dramatik sind die Reflexionsimpulse (etwa die „existenziellen“ Fragen: „Was brauchen wir? Worauf kommt es an?“) wieder erschlafft. Man will Normalität. Das Vorher. Die Besinnungslosigkeit. Und: „Die Politik ist schuld.“

Nun könnten die Infektionshöchstwerte, die Mutationen und die offenen Zukünfte doch noch einmal adventliche Irritationspotenziale darstellen. Üblicherweise wird zu dieser Jahreszeit ohnehin zur Besinnung aufgerufen: Ein Aufruf, der sich immer als ein hoffnungsloses Unterfangen erwiesen hat. Aber da nunmehr klar geworden ist, dass uns das „Biest“, das uns schon zwei Jahre beschäftigt, auch noch im überübernächsten Jahr begleiten wird, könnte dieser Umstand dem Besinnungsanliegen Impulse geben, vielleicht gar dem mittlerweile eher folkloristischen Weihnachtsfest ein wenig Geist verleihen: zumindest als erneute Frage nach dem „guten Leben“. Wir alle wissen: Das ist ein alter Hut.

Aber vielleicht besteht der Inbegriff des Lebens doch nicht (wie man zeitweise den Eindruck gewinnt) aus Nachtgastro als Minimalschwelle der psychischen Gesundheit, Mallorca und Südafrika als Man-gönnt-sich-ja-sonst-nix-Selbstverständlichkeit, Schifahren mit Après als Menschenrecht und Paketeschleppen als Höhepunkt des Spirituellen.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz.

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