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Kreatives Wissen

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Was Franz Richter in seinem Lyrikband „Lichtecho” nennt, ist das Ergebnis einer komplexen, daher auch komplizierten Art, das Leben im Widerschein der Dinge zu sehen. Im Reellen nämlich wie im Imaginären erweist sich das Dasein nicht nur als schwierig, beschwerlich, unverständlich sogar, sondern letztlich überhaupt als Geheimnis. Im unvermeidlichen Zwiespalt von Wissen und Glauben, der in unserer existenzgefährdeten Zeit sich als größer denn je herausgestellt hat, erlebt der Mensch, der ja „ist und geschieht”, sein unaufhaltsam sich vollziehendes Drama, das zur Tragödie ausarten muß, wenn die materielle Kultur die geistig-seelische überrollt.

So bringt Franz Richter sein ganzes, auch mikroskopisches Wissen um das Geschehen in der Natur, seine Erfahrungen mit der Physik, der Mathematik und auch der Musik, sein unbestechliches Denken in ein Wortkunstwerk ein, das sehr deutlich die Gefahr einer computergesteuerten, in den Untergang führenden Iteration aufzuzeigen versteht. Dabei gelingen ihm Bilder von einer aus ungeahnter Tiefe kommenden Leuchtkraft, die je länger man ihr ausgesetzt ist, umso intensiver zu wirken beginnt.

Sicher ist eines: Indem der Dichter die Dinge erkennt und „benamt”, ist er zum Schöpfer geworden, sein Logos wird Fleisch, „ruft an und zu sich”, und ist beim Aufbau des Lebens „zum Ganzen” behilflich, wobei die von ihm gefundene Form völlig neue, den zeitlichen Erfordernissen entsprechende Mythen hervorruft. Das Wahre jedoch, obwohl „von allen Seiten umkreist”, entzieht sich der Sicht. Es liegt eben jenseits des Spiegels, der das empfangene Licht bloß als Echo zurückwirft.

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