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Lobby für Osterreich

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Der Schatten der Vergangenheit, der durch die Auseinandersetzung um die Kriegsvergangenheit des österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim länger geworden war, lastet nach wie vor auf den Beziehungen zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika. Österreichs US-Botschafter Friedrich Hoess bezeichnete in einem Gespräch mit der FURCHE das gegenwärtige Verhältnis, dem die watch-list-Entscheidung ihren Stempel aufdrückte, als „nicht normal, sowohl von der Optik als auch von der Form her“.

Trotz dieses „gewissen Schattens“ sei es der österreichischen Vertretung in Washington - vor allem seit Amtsantritt der Bush-Administration - gelungen, eine breite Palette von neuen Beziehungen zwischen dem kleinen Österreich und den mächtigen USA herzustellen.

Als überzeugter Föderalist - so Hoess über sich selbst - habe er die bundesstaatliche Struktur der Vereinigten Staaten als Grundlage für neue Verbindungen genützt. Taktisch lief das so, daß über österreichische Firmen in einzelnen Staaten Direktkontakte zur Verwaltung, zu den Gouverneuren, hergestellt wurden. Auf diese Weise entstanden Partnerschaften zwischen Georgia und Salzburg sowie zwischen Ohio und Niederösterreich. Gegenwärtighält sich der Gouverneur von Illinois, Thompson, in Österreich auf. Jetzt wird überlegt, für welches österreichische Bundesland Illinois der geeignete Partner wäre.

„Diese friendship-Initiativen im Interesse eine realistischen Bildes über Österreich in den USA schlagen schon sehr zu Buche, vor allem im Fremdenverkehr“, gibt sich Österreichs Mann in Washington überzeugt. Dazu komme eine vermehrte Aufmerksamkeit in bezug auf Österreichs Rolle bei der Umgestaltung Ostmitteleuropas.

Positiv haben die USA Österreichs Begehung des Gedenkjahres 1088 aufgenommen. Zudem habe Österreich ja einen Bekanntheitsgr ad, auf den man immer wieder - auch nach unliebsamen Affären - aufbauen könne; dieser Tatsache sollte sich niemand verschließen, meint Hoess.

Aufgrund der politischen Entwicklungen in Osteuropa werde Österreichs Neutralität zu einer Art Modell für kommunistische Staaten bei gewissen politischen Kommentatoren in den USA. „Austrifizie-rung“ sei ein neues Schlagwort, eine Weiterentwicklung des Begriffes „Finnlandisierung“. „Darüber könnte man als Österreicher nun wirklich stolz sein“ - so Hoess wörtlich- „wenn nicht dieser Begriff von einer verwaschenen Sicht der Rolle Österreichs zeugte “

Nicht selten basiere der Begriffsinhalt von „Austrifizierung“ - Ungarns Parlamentspräsident Mätyas Szürös hat ihn dieser Tage gegenüber der „Washington Post“ erneut als politisches Ziel der Magyaren verwendet - auf der Annahme einer gewissen Statuslosigkeit Österreichs im Ost-West-Geflecht. Gegen diese Interpretation der Neutralität Österreichs kämpft Hoess in den USA an. „Austrifizierung“ ist für ihn nicht der richtige Ausdruck für das, was kommunistische Staaten heute anstrebten oder erreichenkönnten. „Politische Kommentatoren werden sich da etwas anderes einfallen lassen müssen. Österreich - obwohl neutral - steht fest in der westlich-demokratischen Wertegemeinschaft, muß also von ganz anderen Voraussetzungen als die gegenwärtig noch kommunistischen Staaten beurteilt werden“. Hoess zeichnet damit eine Grundlinie österreichischer Außenpolitik' nach, die schon Thomas Kiestil, Generalsekretär im Außenamt, in einem FURCHE-Intervie w (9/1989) vorgelegt hatte.

Die Bewußtseinsbildung der Amerikaner in bezug auf Österreich will Hoess mit „public diplomacy“ vorantreiben-, eine Art von Öffentlichkeitsarbeit, die nicht allein vom Außenamt, sondern nur durch vermehrte wissenschaftliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Kontakte bewerkstelligt werden kann.

Hoess sieht es als eine der versäumten Gelegenheiten der österreichischen Bundesregierung an, daß anläßlich des 70. Jahrestages des Vertrages von St. Germain kein großangelegtes internationales Symposion über die historischen Bedingungen des heutigen Österreichs veranstaltet wurde. Seiner Meinung nach könnte das Institut für die Wissenschaften vom Menschen als Gastgeber künftig führende politische und wissenschaftliche Köpfe aus den USA und Österreich zur Aufarbeitung solch wichtiger Fragen zusammenbringen.

In Washington braucht Hoess zur Bewältigung der Aufgaben von „public diplomacy“ - Mittelpunkt ist der Aufbau einer Österreich-Lobby in den USA - eine personelle Aufstockung seines Büros, das seit 1965 mit dem gleichen Personal-Stand arbeiten muß. Vom Außenamt fordert er diesbezüglich ein Umdenken.

Das traditionelle Image Österreichs - „Mozartkulturland“ - habe in den USA ja nicht gelitten. Jetzt gelte es aber, gegenwärtige Entwicklungen in Österreich in den USA präsent zumachen. Hoess fordert in

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