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Naturlyrik zum Wiederentdecken

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Georg Britting (1891-1964) ist literaturgeschichtlich gesehen neben Dichtem wie Lehmann, Weiss, Loerkeoder Krolow als Mitbegründer der sogenannten Naturlyrik anzusehen, doch trifft dieser Terminus wohl gerade in bezug auf ihn zu kurz. Das naturmagische Seinsverständnis, das auf eine Neuschöpfung der Welt aus ist, hält sich nicht mit Äußerlichkeiten auf. Die Dichtung des überzeugten Bayern schürft tiefer, bewegt und beunruhigt das Menschentum, ja ruft es an, indem sie an das Widerspiel zwischen Dasein, Gegenstand und Sprache appelliert.

Britting war nicht nur ein begnadeter Lyriker, auch seine Prosa wird -allen avantgardistischen Kopfsprüngen zum Trotz - überleben. Man denke hier etwa nur an die Erzählung „Das Waldhorn”, die zum größten gehört, was die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts zu bieten hat. Umso verdienstvoller ist es also, daß sich jetzt ein prominenter Verlag gefunden hat, der das Gesamtwerk in fünf Bänden herausbringen wird; der vorliegende zweite, „Gedichte 1930 bis 1940”, zeigt den Dichter gleichsam schon auf der Höhe seines poetischen Schaffens. Selten wird man eine derart ungekünstelte Ausgewogenheit zwischen Form und Inhalt vorfinden. Wunderbar ist das Einschwingen Brit-tings auf das vorgegebene schlichte Bild, das jedoch stets das zunächst idyllisch Scheinende verstörend aufbricht.

Ganz zu Unrecht hat man Britting abwertend unter die „Regionaldichter” eingeordnet. Schon ein kurzes Anlesen dieser Gedichtsammlung wird wahrscheinlich jeden davon überzeugen: hier kommt europäische Literatur zu Wort, möchte wiederentdeckt werden in ihrer anrührenden Ganzheit, die auf einer langen Tradition fußt. Der Herausgeber Walter Schmitz hat im übrigen einen hervorragenden Kommentar verfaßt, der uns auch den Menschen Georg Britting näherbringen möchte. Lektüre unbedingt empfohlen.

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