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Niemals als „senior“

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Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. Juli 1968 wurde Viktor Müllner für „schuldig erkannt und zur Strafe des schweren Kerkers, verschärft durch einen Fasttag vierteljährlich, in der Dauer von vier Jahren und zu Schadenersatzleistungen an die Privatbeteiligten Land Niederösterreich und Newag zu je 10 Millionen Schilling rechtskräftig verurteilt“. Der Grund für die Verurteilung Müllners: Er hat, Gelder, sogenannte Superzinsen — Guthaben bei der Conti-Bank —, dem Land Niederösterreich und der Newag entzogen. Am 21. Dezember 1971 ließ nun Müllner durch seinen Anwalt Dr. Hermann Gaigg einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens einbringen. „Die Furche“ veröffentlicht heute exklusiv Auszüge aus diesem Antrag (G. Z.: 6 d Vr 7872/66 Hv 24/68).

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Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. Juli 1968 wurde Viktor Müllner für „schuldig erkannt und zur Strafe des schweren Kerkers, verschärft durch einen Fasttag vierteljährlich, in der Dauer von vier Jahren und zu Schadenersatzleistungen an die Privatbeteiligten Land Niederösterreich und Newag zu je 10 Millionen Schilling rechtskräftig verurteilt“. Der Grund für die Verurteilung Müllners: Er hat, Gelder, sogenannte Superzinsen — Guthaben bei der Conti-Bank —, dem Land Niederösterreich und der Newag entzogen. Am 21. Dezember 1971 ließ nun Müllner durch seinen Anwalt Dr. Hermann Gaigg einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens einbringen. „Die Furche“ veröffentlicht heute exklusiv Auszüge aus diesem Antrag (G. Z.: 6 d Vr 7872/66 Hv 24/68).

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Auf insgesamt 29 Seiten, ergänzt durch zwei, jeweils ein halbes Kilogramm schwere Gutachten, versucht nun Müllner seine Rehabilitierung. Und er versucht nachzuweisen, daß seine Verurteilung auf Grund falscher Fakten, Zeugenaussagen usw. erfolgt ist. Müllner fährt dabei mit harten Geschützen auf und erklärt nicht weniger als

• daß vier für die Urteilsfindung entscheidende Unterschriftenprobenblätter der Conti-Bank (betreffend die Konten 33.154, 33.171, 33.479 und 33.095) gefälscht, das Datum unkenntlich gemacht waren und die alleinige Zeichnungsberechtigung ihm somit nachträglich unterschoben wurde,

• daß bei einem Konto (nämlich 33.100) der 1962 verstorbene Newag-Generaldirektor Skacel ohne Wissen Müllners eine Handverfügung traf, die aber im Prozeß dem Angeklagten zu Lasten gelegt wurde,

• daß einer der Hauptzeugen des Prozesses, Conti-Bank-Vorstands-mitglied und Exdirektor Otto Waka wesentliche Tatsachen verschwiegen und eine falsche Zeugenaussage gemacht hat und

• daß er, Müllner, neue Tatsachen und Beweismittel vorzulegen hat,

AUTOREN IN DIESER NUMMER Dr. Thomas Lachs ist der wirtschaftspolitische Referent des österreichischen Gewerkschaftsbundes; sein sachkundiger Beitrag darf als aktueller Diskussionsbeitrag zur derzeit brisantesten innenpolitischen Auseinandersetzung gewertet werden (Seite 3).

Harald Irnberger war bis 1971 Redakteur der „Kärntner Volkszeitung“ und ist Spezialist für Kärntner Landesprobleme. Irn-berger erhielt erst kürzlich den österreichischen Staatspreis für publizistische Leistungen im Interesse der Jugend (Seite 5). wobei gleichzeitig das im ersten Strafverfahren vorgelegene Sachverständigengutachten angezweifelt wird.

Die Folgerung, die Dr. Gaigg in diesem Akt zur Wiederaufnahme anführt ist klar: „Das Gericht ist daher verhalten, sich mit diesen, die behaupteten Wiederaufnahmegründe sachverständig und begründeten Gutachten auseinanderzusetzen. Dies um so mehr, als gerade aus den Gutachten des Herrn Dr. Josef Schwarzenberg und der Frau Dr. Eleonore Müller ... neue Tatsachen und Beweise offenkundig wurden, die ... zu einem Freispruch oder zur Anwendung eines milderen Strafsatzes geführt hätten.“

Und das sind die Beweise, die Müllner jetzt vorlegt:

Aus den Sachverständigengutachten ergibt sich, daß das Datum auf den für die Superzinsen „verantwortlichen“ Unterschriftenprobenblättern unkenntlich gemacht wurde, „in der offensichtlichen Absicht, mir Verfügungen über Konten anzulasten, die zu veranlassen ich gerade nicht in der Lage war. Diese Absicht ergibt sich auch daraus, daß die oder der Fälscher bei der Bezeichnung „Generaldirektor und Landeshauptmannstellvertreter a. D.“ übersehen hatten, daß damit auch der Zeitpunkt der Verfälschung erweisbar erscheint, da ich erst am 17. Jänner 1963 Generaldirektor wurde.“ Müllner versucht damit, sich vom Verdacht zu befreien, daß er wissentlich die Superzinsen (insgesamt 28,716.840,80 Schilling) der Newag und dem Land Niederösterreich vorenthalten und sozusagen persönlich kassiert habe. Wie dazu Müllners Gutachter Dr. Schwarzenberg feststellt, habe der Kronzeuge und Ex-Conti-Bank-Direktor Otto Waka gegenüber „dem Regierungskommissär Dr. Josef Vlcek die im Zuge des gegenständlichen Strafverfahrens beschlagnahmten elf Sparbücher mit einem Einlagenstand von 18,000.000 Schilling entgegen seiner Deposition vor Gericht nicht als Müllners Eigentum, sondern vielmehr als im Eigentum der Conti-Bank stehend, aus Erträgnissen der Bank stammend, bezeichnet“.

Müllner versucht sich weiter damit zu rechtfertigen und das Urteil zu erschüttern, daß er zwischen 1959 und 1963, als er als Finanzreferent des Landes Niederösterreich und als Landeshauptmannstellvertreter fungierte, niemals als „Müllner senior“ bezeichnet wurde, obwohl die Bezeichnung „sen.“ auf einem Unterschriftenprobenblatt aufscheint, woraus im Antrag geschlossen wird, daß hier eine „nachweisliche Manipulation“ vorliegt.

Zwei neue Beweisstücke, zwei Tagesauszüge, sollen die Kontenführung bei der Conti-Bank und die ursprüngliche Beweisführung erschüttern:

• Tagesauszug vom 30. Dezember

1961, der keine laufende Numerierung enthält und das Konto 33.100 betrifft. Dieser Kontoauszug enthält eine einzige Gutschrift: „3/t Prozent Zinsen ... Haben: 600.000 Schilling, neuer Saldo: 80,600.000 Schilling“ und einen Handschriftenvermerk „2. Buchung, Einzahlung“, wobei es sich auf Grund der Gutachten um die Handschrift Dr. Skacels handeln soll.

• Tagsatzung vom 21. Dezember

1962, der sich vorerst auf die Kontonummer 33.095 bezieht, wobei allerdings 095 durchgestrichen und durch 100 ersetzt wurde. Dieser Tagesauszug enthält die Buchung „Haben 589.388, neuer Saldo 81,189.388“.

So bizarr und kompliziert die Fakten auch sind: der Fall geht offenbar weiter.

„Die Furche“ bringt in der nächsten Nummer weitere Argumente Müllners zu seiner Verurteilung.

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