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Sandkastenspiele, die emstzunehmen sind

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Unter sehr Strenger Geheimhaltung fanden in der DDR erweiterte Stabsfi- bungen der Streitkräfte statt. Den Ma- növem lag die Aufgabenstellung „Blitzeinmarsch in die Bundesrepu- blik” zu Grunde.

„Das Prinzip der Uberrumpelung hat die Ausgangslage jedes Manövers zu bestimmen”, befahl Generalleut- nant Horst Stechbarth, Chef des Kommandos der Landstreitkräfte der NV A, seinen Kommandeuren und in NATO-Kreisen weiß man denn auch, daß in weniger als zehn Stunden der Warschauer-Pakt komplett ausgerfi- stete Fallschirmjägerdivisionen aus der Tiefe des Raumes heranfuhren urid sofort mit schwerem Gerät wie Schützenpanzem und Feldhaubitzen in den markierten Räumen des mut- maßlichen Feindgebietes absetzen kann.

Während Bonn in Entspannungs- träumen schwelgt, rüstet das Honek- ker-Regime konsequent auf und ent- wirft militärische Plane zum Ein- marsch in die Bundesrepublik. Details darüber gelangten kürzlich in den Westen. Diesem Generalstabsplan zu- folge würde sich die militärische Be- setzung der Bundesrepublik nach dem folgendem Schema vollziehen: Auf Grund faschistischer Putschversuche in der Bundesrepublik ffihlt sich die werktätige Bevölkerung der DDR be- droht Die DDR-Regierung informiert in diplomatische Noten alle NATO- Staaten vom bevorstehenden Ein- marsch ihrer Streitkräfte in die Bundesrepublik. Begründung: Der Ein- marsch ist eine Aktion zur Wiederher- stellung und Sicherung des Friedens.

Zur gleichen Zeit, da die Noten übergeben werden, beginnt der Ein- marsch der DDR-Streitkräfte. Die 5. NVA-Armee marschiert südlich von

Helmstedt an Hannover vorbei fiber die dutch Luftlandetruppen gewon- nenen Weserübergänge nach Leverkusen; die 4. NVA-Stoßarmee aus dem Eichsfeld heraus bis in den Raum Kassel. Sie bleibt dort als Reserve stehen; die 3. NVA-Armee von Eisenach aus und an Bad Hersfeld, Gießen vorbei in den Raum von Frankfurt am Main. Ihre Panzerspitzen vereinigen sich bei Leverkusen mit der 5. Armee.

Die NVA-Grenztruppen haben in- zwischen im unmittelbaren Vorfeld der Demarkationslinie gelegene Stra- ßenkreuzungen und Brficken gewon- nen und diese kurz danach den NVA- Landstreitkräften fibergeben. Die Demarkationslinie wird begradigt und von sowjetischen Truppen besetzt. Die NVA-Grenztruppen folgen als Besat- zungstruppen den vordringenden Einheiten.

Grundlage dieses Einmarschplanes ist die Erwartung, daß die NATO-Staa- ten - unentschlossen und unentwegt beratend - nicht in die DDR-Aktion eingreifen werden. Sollten dennoch US-Truppen mit britischen Einheiten und Bundeswehrverbänden massiv gegen die DDR-Streitkräfte vorgehen, sieht der DDR-Plan den sofortigen Rfickzug der NVA aus den besetzten westdeutschen Gebieten mit der Er- klärung vor, das Ziel der Friedensak- tion sei bereits erreicht, nach Herstel- lung von Ruhe und Ordnung zögen sich die DDR-Streitkräfte in ihre Aus- gangspositionen zurfick.

Wie emst es die DDR-Machthaber mit solchen Angriffsplänen meinen, beweist die Tatsache, daß bereits in fünf Manövern und zwei Kommando- stabsfibungen der Einmarsch in die Bundesrepublik Deutschland gefibt wurde.

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