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Schweizer gegen Marcos

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Auf internationalen Druck hin hatten die eidgenössischen Behörden im März die Konten des gestürzten philippinischen Diktators Ferdinand Marcos bei einer Reihe von Großbanken vorsorglich blockiert. Das wurde weit herum als sensationelles No-vum in der Geschichte des Schweizer Bankgeheimnisses betrachtet und stieß neben Zustimmung aus Krei- ' sen, denen dieses Kapitel ohnehin ein Dorn im Auge ist, denn^uch auf heftige Kritik.

Wirtschafts- und Bankkreise fürchten um die Attraktivität des Finanzplanes Schweiz, wenn dieses Tabu angerührt würde, dessen Aufrechterhaltung das Volk vor noch nicht so langer Zeit an der Urne bekräftigt hatte.

Eine neue Verordnung besagt, daß die Schweiz ausländischen Strafverfolgungsbehörden bei der Beweiserhebung und -Sicherung behilflich sein könne, sofern das Vergehen oder Verbrechen im Heimatstaat des Betroffenen auch nach Schweizer Rechtsordnung strafbar sei.

Marcos wird von der neuen philippinischen Regierung unter anderem des Amtsmißbrauches und der passiven Bestechung beschuldigt. So soll er sich eine 15prozentige Kommission auf japanische Reparationszahlungen und weitere Einkünfte und Erträge des Staates gesichert haben.

Die Schweizer Behörden weisen darauf hin, daß der Fall Marcos eine Tragweite habe, wie sie noch nie dagewesen sei, auch nicht beim Schah von Persien, der ebenfalls viel Vermögen in der Schweiz hatte, auf das die Ayatollahs bei seinem Sturz Anspruch erhoben. Deshalb sei die vorsorgliche Sperre nicht einfach als Wendepunkt in der Praxis der Handhabung des Bankgeheimnisses zu verstehen.

Nationalbank-Direktor Pierre Languetin erklärte dazu, die Angelegenheit sei „eine Bestätigung dafür, daß die Schweizer Behörden und auch dieBanken nicht gewillt sind, Mißbräuche des Bankgeheimnisses hinzunehmen“. Er mußte dann auch eingestehen, daß es keine gesetzliche Regelung gibt, wenn Vertreter korrupter Regime mit Koffern voller Geld bei Schweizer Banken anklopfen. Verwehrt sei diesen jedoch die aktive Kapitalflucht ins Ausland. Doch wo die Grenzen zwischen Steuerbetrug (Straftatbestand) und Steuerhinterziehung (Languetin: „Das ist nicht unser Problem“) liegen, kann niemand so genau differenzieren. Die Schweizer Banken haben sich in einer Vereinbarung mit der Nationalbank verpflichtet zu prüfen, ob Geld, das sie annehmen, eventuell aus einer illegalen Tat stammt. Diese Uberprüfung kann aber - wie der Fall Marcos zeigt—dann zur Farce werden, wenn die Anlage von Geldern über einen schweizerischen Berufsgeheimnisträger (Anwalt, Notar oder Treuhänder) erfolgt. Diese Vertreter haben gegenüber Banken nur zu erklären, daß ihnen der wirtschaftlich Berechtigte bekannt ist und keine „unzulässigen Geschäfte“ vorliegen.

Auch Languetin ist diese Schwachstelle bekannt. Er fordert denn auch, daß die Banken verpflichtet werden müßten, die Identität ihrer Kunden in jedem Falle zu kennen.

Für den Generalsekretär der Schweizer Banken genügt das derzeitige Instrumentarium vollkommen. „Weiter zu gehen wäre völlig unrealistisch.“ Manchen ist aber die Glaubwürdigkeit der Schweiz als humanitärer Rechtsstaat wichtiger. Sie wollen eine noch schärfere Kontrolle.

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