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Angriff auf Bankenmacht

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Zu zwei brisanten Vorlagen haben die Schweizer Stimmbürger am 20. Mai an der Urne Stellung zu nehmen. Die Sozialdemokratische Partei (SP) hat eine Initiative „gegen den Mißbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht" eingebracht, und die kleine, rechtsstehende „Nationale Aktion" (NA) tritt gegen den „Ausverkauf der Heimat" an und will den Verkauf von Wohnungen an Ausländer schlicht verbieten. Das sind Themen, die Emotionen

HANSPETER STREBEL berichtet aus St. Gallen wecken und deren Beurteilung durch die Schweizer auch im Ausland mit Interesse verfolgt wird.

Banken werden mindestens so sehr mit der Schweiz identifiziert wie Käse, Schokolade und Uhren. In der Tat imponiert der „Finanzplatz Schweiz" schon quantitativ: Ende 1982 gab es 489 Banken, 1227 Raiffeisenkassen und 97 Finanzgesellschaften. Die Bilanzsumme dieser Institute betrug total 611 Milliarden Franken. Dazu kommt die Verwaltung von Treuhandgeldern in der Höhe von 166 Milliarden. Die Banken beschäftigen rund 90.000 Personen - fast dreimal soviel wie die Uhrenindustrie.

Seit Jahren ist denn auch die Bedeutung der Banken Gegenstand heftiger politischer Diskussionen. Einige spektakuläre und unrühmliche Vorfälle bereiteten Mitte der siebziger Jahre das Terrain für die Banken-Initiative der SP, unterstützt vom Gewerkschaftsbund und von einem Dutzend privater Entwicklungshilfe-Organisationen.

Kernstück ist eine Lockerung des fast schon tabuisierten Bankgeheimnisses, indem Steuerbehörden und Gerichte bei den Banken direkt Auskünfte über deren Kunden einholen könnten. In

Strafprozessen müßten die Banken ausländischen Gerichten neu auch bei Steuerhinterziehung und Währungsdelikten Auskunft geben.

Die Initianten betonen im Abstimmungskampf, sie wollten damit nur Mißbräuche des Bankgeheimnisses verhindern, und sie fechten mit dem Argument der Steuergerechtigkeit. Denn heute bestehe ungleiches Recht, da Arbeitnehmer ihr Einkommen per Lohnausweis deklarieren, Selbständigerwerbende aber nicht kontrolliert werden können.

Weitere Begehren des Vorstoßes sind die Forderung, daß die Banken ausführlicher über ihre finanziellen Verhältnisse berichten sollen, ihr Einfluß auf die übrige Wirtschaft (Beteiligungen) eingeschränkt, der Einlegerschutz aber verstärkt werden soll. Denn zwischen 1971 und 1979 seien bei Bankzusammenbrüchen immerhin 50.000 Einleger mit rund 900 Millionen Franken zu Schaden gekommen.

Die Forderungen der Initiative gehen dem Bundesrat und der Mehrheit des Parlamentes entschieden zu weit. Sie fürchten eine wesentliche Einschränkung der Handlungsfreiheit der Banken, die sich auf die gesamte Wirtschaft des Landes negativ auswirken würde. Gewisse bestehende Beschränkungen des Bankgeheimnisses genügten vollauf, um Steuerhinterziehung und Kapitalflucht zu bekämpfen, meinen die Gegner.

Der Abstimmungskampf tobt recht heftig. Die Banken selber wehren sich seit Monaten mit riesigen Inseratenkampagnen gegen das Volksbegehren, das als rein ideologisch motiviert und als „erster Schritt zum Sozialismus" qualifiziert wird.

Die Fronten sind klar — die linken Parteien, die normalerweise rund ein Drittel der Stimmen aufbringen, stehen der Phalanx der Bürgerlichen gegenüber. Eine Annahme würde einer Überraschung gleichkommen.

Erstaunlicherweise eher mehr Chancen hat die Initiative der Nationalen Aktion, die sich bisher vor allem mit xenophoben Tönen eine gewisse, stark fluktuierende Wählerschaft sicherte. Das Begehren „gegen den Ausverkauf der Heimat" aber scheint recht gut die Volksseele zu treffen.

Die Initiative will den Erwerb von Grundeigentum nur noch in der Schweiz niedergelassenen Ausländern gestatten.

Das Problem des Erwerbs von Ferienwohnungen durch Ausländer zeigt sich vor allem in den Fremdenverkehrsregionen — und eine Annahme würde vor allem die Berggebiete treffen, für die der Tourismus der einzige namhafte Devisenbringer ist. Es gibt denn in solchen Gegenden auch tatsächlich Beispiele häßlicher und monströser Tourismusbau-erei (etwa Crans-Montana) als Wirkung aufgeblähter Nachfrage nach Zweitwohnungen durch Auslandinvestitionen.

Bundesrat und die klare Mehrheit des Parlamentes lehnen auch diese Volksinitiative als „Roßkur" ab. Das totale Verkaufsverbot sei unverhältnismäßig und zudem unsolidarisch mit den ohnehin benachteiligten Regionen der Schweiz.

Den Anliegen der Initianten soll mit einem bereits ausgearbeiteten Gesetz entgegengekommen werden, das die Bewilligung für Ferienwohnungen und Wohnungen in Apparthotels noch mehr verschärft.

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