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Um Kontakte bemüht

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Eine von der österreichischen Post in Auftrag gegebene Untersuchung über die vorhersehbare Rentabili­tät von Investitionen in verschiede­nen Dienstleistungssparten kam zu der Erkenntnis, daß die Post, der einzige nicht defizitäre Staatsbe­trieb, ihr hervorragendes Abschnei­den den Einnahmen aus dem Tele­fonsektor zu verdanken hat. Aus dieser Statistik geht hervor, daß dies nicht, wie früher angenommen, das Verdienst von Industrie und Handel ist, da diese nach dem Prin­zip „time is money" orientiert und daher an möglichst kurzen Sprech­zeiten interessiert sind.

Es ist kaum zu glauben, jedoch durch zwei voneinander unabhän­gig arbeitenden Meinungsfor­schungsinstituten nachgewiesen: Den Posttopf füllen Liebespaare! Sie sind es, die zwischen Gramat-neusiedl und Götzis weder Zeit noch Geld scheuen, um bei Tag und Nacht sich die Seligkeit und der Post den Gewinn zu erhalten.

Anläßlich ihres 500-Jahr-Jubi-läums veranstaltet nun die Post eine gezielte Umfrage über besondere Gepflogenheiten und eventuelle Wünsche dieses zweifellos hofie-renswürdigen Kundenkreises. Er­hoben werden unter anderem die Entfernung der beiden Teilnehmer voneinander, gerechnet in Fern­sprechzonen, die Zahl der Anrufe bei Tag und Nacht, Gesprächsdauer, Spitzensprechzeiten sowie Sil-bensprechgeschwindigkeit pro Sekunde. Im Rahmen dieser Befra­gung wurden auch erstmals die mannigfachen Schwierigkeiten erkannt, denen diese treue Gruppe unermüdlicher Postsäckelfüller ausgesetzt ist. Wie die Postdirek­tion versichert, wird an Verbesse­rungen umgehend gearbeitet.

Zu den gravierendsten Mängeln gehört die Tatsache, daß sich unter Umständen bis zu drei Liebende einen Viertelanschluß teilen müs­sen. In Stoßzeiten kommt es dabei zu unverantwortlichen Gefühls­staus und daraus resultierenden Ag­gressionen, was bis zur Umlage-rung bestehender Partnerbeziehungen führen kann. Ob dies nach ei­nem bestimmten Rotationsprinzip verläuft, wird noch zu erheben sein.

Sofern die Fernsprechteilnehmer auf öffentliche Telefonzellen ange­wiesen sind, ergibt sich noch eine Reihe weiterer Probleme. Vom Aufsuchen so einer zugigen, oft* stinkenden Vogelsteige bei jeder Witterung, tagsüber und/oder nachts, über die Entdeckung abge­rissener Hörmuscheln, fehlender Wählscheiben bis hin zum verbis­senen Kampf mit Durchfallmün­zen und eingezwängten Zehnern bleibt Turtelwilligen rein gar nichts erspart. Der Streß von gleichzeiti­gem Geldtascherlhalten, Münzen einwerfen, wählen, „Schatzi, mein Schatzi"-flöten, bei älteren Model­len auch noch den Zahlknopf zu drücken und mit der Faust Stek-kengebliebenem nachzuhelfen, legt nach neuester me­dizinischer Er­kenntnis nicht selten den Keim zum späteren In­farkt.

Interessenten, welche sich für das Experiment interessieren, werden ersucht, sich telefonisch mit ihrem zustän­digen Postamt in Verbindung zu (Karikatur Löffler) setzen.

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