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Unberechenbare Kinder

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Kinder haben keine Bremsen. Sie sind keine kleinen Erwachsenen und verhalten sich deshalb auch im Straßenverkehr ganz anders als wir es erwarten würden. Die 86 Kinder, die im vergangenen Jahr bei Unfällen im Straßenverkehr getötet wurden, könnten vermutlich noch leben, wenn die erwachsenen Verkehrsteilnehmer berücksichtigt hätten, daß Kinder aufgrund ihrer geistigen und körperlichen Konstitution oft völlig anders reagieren.

Die herkömmliche Verkehrserziehung bei den Kleinen ist zwar wichtig, sie kann jedoch immer nur soviel erreichen, wie es der momentanen Reife des Kindes entspricht. Es erkennt die ihm drohenden Gefahren meist noch nicht richtig, es muß erst allmählich lernen, seine Wahrnehmungen zu koordinieren und die Bewegungen zu kontrollieren.

Das Kind, dessen Raumvorstellung und Zeit- und Geschwindigkeitseinschätzung erst reifen muß, hat noch ein völlig egozentrisches Weltbild. Da es zumeist langsamer, oft ganz unerwartet und aus der Sicht des Erwachsenen falsch reagiert, liegt es an den anderen Verkehrsteilnehmern, sich darauf einzustellen.

Österreichs Fahrschulen haben auf diese Erkenntnisse, die das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung des Primarius des Salzburger Kinderspitals, Professor Ernst Huber, darstellen, erfreulicherweise prompt reagiert. Seit Anfang September versuchen sie im praktischen und theoretischen Fahrschulunterrieht das Wissen um das anders gelagerte Verhalten der Kinder im Straßenverkehr zu vermitteln.

Außerdem soll in Vorträgen vor Kraftfahrern, Elternvereinen, Clubs etc. darauf aufmerksam gemacht werden, daß, so wichtig eine richtige und frühzeitig einsetzende Verkehrserziehung ist, sie nie imstande sein wird, kleine Kinder zu „reifen Verkehrsteilnehmern” zu machen. Wenn sich die Erwachsenen als verantwortungsbewußte Autofahrer ständig die Unberechenbarkeit der kindlichen Reaktionen vor Augen halten, wird die erschreckend hohe Zahl an Unfällen mit Kindern im Straßenverkehr hoffentlich bald wesentlich reduziert werden können.

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