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Ungeklärte „Freundschaft II“

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Polen hat zu lange gezögert. Anfangs wollte Warschau sich am Bau der Adria-Rohölleitung beteiligen, später meldete die polnische Regierung jedoch ihr Desinteressement an. Da Jugoslawien, die CSSR und Ungarn in diesen Tagen das Endabkommen paraphierten, besannen sich die Polen wieder anders. Doch ist keine Zeit mehr für Überlegungen, da die Fernleitung bis Ende 1975 fertiggestellt werden muß.

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Polen hat zu lange gezögert. Anfangs wollte Warschau sich am Bau der Adria-Rohölleitung beteiligen, später meldete die polnische Regierung jedoch ihr Desinteressement an. Da Jugoslawien, die CSSR und Ungarn in diesen Tagen das Endabkommen paraphierten, besannen sich die Polen wieder anders. Doch ist keine Zeit mehr für Überlegungen, da die Fernleitung bis Ende 1975 fertiggestellt werden muß.

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Es ist ratsam, vorerst einen Blick auf die Vorgeschichte des großen osteuropäischen Pipelineprojekts zu werfen. Der Plan tauchte im Jahr 1964 zum erstenmal auf. Die Vorverhandlungen blieben viele Jahre lang durch Kontroversen blockiert. Nicht nur die zukünftigen Partner stritten miteinander, sondern auch die verschiedenen jugoslawischen Raffinerien. Sie konnten sich über die Linienführung, der Ölleitung bis Mitte 1973 nicht einig werden.

Polens anfängliches Interesse begann bereits 1970 zu schwinden. Auch die CSSR hüllte sich lange Zeit in Schweigen. Im Juli 1973 hatten die Planer immer noch keine blasse Ahnung, ob die Polen nicht am Ende doch mitmachen würden.

Ursprünglich wollte man die Rohölleitung mit einer Jahreskapazität von 17 Millionen metrischen Tonnen bauen. Später erhöhte man die Kapazität auf 30 Millionen, kürzlich sogar auf 34 Millionen im Jahr. Ungarn und die Tschechoslowakei sollen davon je 5 Millionen jährlich erhalten. Für die jugoslawischen Raffinerien bleibt also die ansehnliche Menge von 24 Millionen Tonnen, aufgeteilt nach folgendem Schlüssel:

• Raffinerien in Sisak und Lendava 10 Millionen Tonnen;

• „Energoinvesf-Rafftnerie in Bo-sanski-Brod 5 Millionen;

• „Naftagas“-Raffinerien in Pance-vo und Novisad 9 Millionen.

Polen überraschte nun mit dem Wunsch, jährlich mindestens 4, maximal 11 Millionen Tonnen zu erhalten. Dafür gibt es aber bei der Adria-

Pipeline keine Tonne freie Kapazität mehr. Polen bietet allerdings Kredite und Ausrüstungen, die im

Lauf der Zeit mit Pipelinediensten abgegolten werden könnten.

Die Adria-Pipeline wird arabisches öl, vorwiegend aus dem Irak und dem Iran, nach Jogoslawien, Ungarn und der CSSR befördern. Die Tschechoslowakei und Ungarn erhalten außerdem russisches Rohöl durch die „Freundschaft-I“-Femlei-tung, Ungarn auch durch die Rohölleitung „Freundschaft II“. Weit vor-

ausplanende tschechische, ungarische und polnische Experten haben sogar gewisse Möglichkeiten in einer eventuellen Kooperation mit der Triest-Wien-Budapest-Leitung entdeckt. Sie diskutierten bereits Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Pipelines „Adria“ und „Triest“. Die Flexibilität beider Leitungen könnte da-

durch nur erhöht und verbessert werden.

Die osteuropäischen Planer erörtern ferner die Möglichkeit, falls es mit den arabischen Röhöllieferungen hapern sollte und die russischen Lieferungen gesteigert werden könnten, durche die neuen Fernleitungen in verkehrter Richtung Sowjetöl in den Donau- und den Adriaraum zu pumpen.

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