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Vergebene Chance

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Nach sechsjährigem Tauziehen und Sichzieren aller Beteiligten ist auf der Wiener Freyung immerhin das Schlimmste verhindert. Der Bankpalast Heinrich von Ferstels in der Herrengasse wird etappenweise renoviert. Gemeinsam mit dem Zinspalais Hardegg wird er vom Eigentümer, der österreichischen Realitäten AG, in ein Bürogebäude umgewandelt. Und das barocke Prachtpalais Harrach, gleich nebenan, wird vom jetzigen Eigentümer, der Gesiba, im Alleingang renoviert.

Zwar wird die häßliche schwarze Fassade in der Herrengasse auch in -den nächsten Jahren so schwarz, häßlich und verschmutzt bleiben, denn die Eigentümer sind nicht bereit, sie renovieren zu lassen, solange die Gemeinde Wien aus der Herrengasse den für Steinfassaden tödlichen Durchzugsverkehr nicht verbannt und dafür ein Verkehrskonzept erarbeitet hat. Aber immerhin, für eines der kostbaren Bauensembles der Wiener Innenstadt ist Rettung in Sicht.

Allerdings ist, wenn man es genau überlegt, dieses Ergebnis doch recht bescheiden. Mit ungeheurem Optimismus und unter ermunterndem Zuspruch von Gemeinde Wien und Wissenschaftsministerium begann man 1972 mit einem weltstädtischen Konzept. Architekt Gustav Peichl erarbeitete einen beispielhaften Revitalisie-rungsplan für Ferstel-Bank, Palais Harrach und Hardegg. Als Baueinheit sollten sie großzügig saniert werden. Peichl kündigte eine Erneuerung des ganzen Viertels an, ein unterirdisches Einkaufszentrum, Galerien, Büros, prächtige Dachwohnungen mit Dachgärten, Kommunikationszentren, Studentenwohnungen waren vorgesehen, sogar das einst berühmte Cafe Central sollte wieder erstehen.

An die 300 Millionen Schilling hätte damals der ganze Bauluxus gekostet. Aber die Realitäten AG ließ die Pläne liegen. Die Finanzierung im Alleingang lehnten sie und die Creditanstalt ab. Übrig blieb vom schönen Konzept eine Renovierung und Umwandlung des Ferstel- und Hardegg-Baus in einen Bürosila 50 Millionen wird das bis Ende 1978 kosten. Das Cafe Central und vielleicht auch der berühmte große Börsensaal werden 1979 wieder im alten Glanz erstehen.

Nur von städtischer Belebung toter Zonen und innerstädtischer Erneue-

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rung ist natürlich keine Rede mehr. Spekulation und sicheres Geschäft haben gesiegt.

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