7227012-1993_48_27.jpg
Digital In Arbeit

Verlangt ist „stille Bergungsarbeit”

19451960198020002020

Hans Kitzmüllers Prosa ruft zur Besinnung auf, und damit tun wir uns in der heutigen Zeit allemal schwer. Trotzdem sollte man sich darauf einlassen.

19451960198020002020

Hans Kitzmüllers Prosa ruft zur Besinnung auf, und damit tun wir uns in der heutigen Zeit allemal schwer. Trotzdem sollte man sich darauf einlassen.

Werbung
Werbung
Werbung

Hans Kitzmüller, 1945 in der Nähe von Görz geboren, weiß Bescheid über diesen friulanischen „Weltinnenraum”, dem er sein schmales Bändchen gewidmet hat. Der Germanist und Verleger (und Weinbauer!) legt einen poetischen Versuch in elf Bildern vor, der aufhorchen läßt. Seine Hommage an Kultur und Landschaft der geschichtsträchti-gen Region will er ebenso als eine an Peter Handke, Francis Ponge und den altösterreichischen Sagensammler Anton von Mailly verstanden wissen.

Ein wenig erinnert Kitzmüllers Prosa an den „Feldweg” Martin Heideggers, wobei hier jedoch fast keine äußere erzählerische Entwicklung stattfindet, sondern vielmehr eine zum äußersten verdichtete poetische Evokation ins Werk gesetzt wird. Landschaft und Existenz werden zu einer Art mythologischer Seelentopographie aufgeworfen, in der nicht nur Kitzmüllers Sprachkunst voll zum Leuchten gebracht, sondern eben auch der autochthonen Ausdrucksweise dieses Grenzlandes am Isonzo Tribut gezollt wird. Der Autor baut seinen Dialog zwischen einem Zimmerwirt unc1 einem Ethnographen, dem „Legendensammler”, geradezu szenarisch auf, und der so eigentümlich verdichtete Text kulminiert auch im fast theatralisch scheinenden Ausruf: „Der Gedanke an die gleichzeitige Existenz unzähliger Dinge und an die grenzenlosere Unendlichkeit ihrer einzelnen Teile lenkte mich ein wenig ab... Ich will nicht die Welt beschreiben, indem ich ihre Teile aufzähle, ich will sie ganz denken, so als könnte sie sich ganz in einem Brennpunkt konzentrieren.”

Ein solches gleichsam überpersönliches Erinnern oder Andenken beziehungsweise das reine Erschauen findet als eine Art Lebenswanderung auf jenem Feldweg statt, den mitzugehen jeder Leser aufgefordert ist. Freilich ist dieses Buch letztlich wohl für „alle und keinen” verfaßt worden, und es verlangt, vor allem, das man sich voll und ganz auf die Poesie und innere Wahrheit des Legendenhaften einläßt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung