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„Anonymes" Sparen

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Zum anonymen Sparbuch gibt es unterschiedliche Meinungen (siehe auch Seite 12). Auffallend ist, daß gerade jene, die in die EU gedrängt haben - Wirtschaft, Banken -, die diesbezügliche EU-Richtlinie nicht akzeptieren wollen. Sollten sie es demnächst aber müssen, wird zu fragen sein, ob es gescheit war, jetzt deswegen einen solchen Wirbel zu entfachen. Daß man einen Wettbewerbsvorteil nicht aufgeben und Einlagen nicht an die Schweiz oder andere Länder verlieren will, ist verständlich. Müssen aber die vielzitierten „kleinen Sparer" darob verunsichert sein (oder werden)?

Einerseits gern zu zeigen, daß man sich viel leisten kann (tolles Auto, weite Reisen, teure Wohnung, oft ausgehen), anderseits die Herkunft seiner Mittel zu verschleiern, ist ein Wesenszug, der schon Johann Nestroy auffiel: „So viel Leut' leben prächtig, und man weiß nicht, woher." Das anonyme Sparbuch kommt dem entgegen, es schützt aber nicht nur den schlicht um Diskretion bemühten gesetzestreuen Sparer (dem sollte ein sorgsam angewendetes Bankgeheimnis genügen), es läßt sich auch ohne lästige Formalitäten und Steuern vererben, man kann darauf leider auch Erträge aus Schwarzarbeit und organisierter Kriminalität deponieren.

Jenes „christliche Abendland", in dem Christen das Zinsnehmen verboten war und man den dafür diffamierten Juden die Geldgeschäfte überlassen hat, gehört der Geschichte an. Heute gilt: „Money makes the world go around" (Geld bewegt die Welt). Wieviel einer davon irgendwo gespart hat, geht sicher nicht jeden etwas an - warum sollte man es aber, im Falle von Verdachtsmomenten, nicht besser nachprüfen können? Braven Durchschnittsbürgern wird in Sparpaket-Zeiten ohnehin eher die Niedrigkeit als die Höhe ihrer Sparguthaben peinlich sein.

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