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Kein Anschlag auf uns Österreicher

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Auseinandersetzung um die Anonymität der Sparbücher in Osterreich - und ihre Beanstandung durch die EU: Was bleibt bei nüchterner Betrachtung?

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Auseinandersetzung um die Anonymität der Sparbücher in Osterreich - und ihre Beanstandung durch die EU: Was bleibt bei nüchterner Betrachtung?

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Was wir in letzter Zeit erlebt haben, war eine höchst überflüssige Erregung. Im Gegensatz zur offiziellen Regierungsmeinung und zur verbreiteten Auffassung vieler „kleiner” Leute als Sparer muß nämlich festgestellt werden, daß die Anonymität eines Sparbuches nur für jemanden einen Vorteil bieten kann, der sein Geld unredlich erworben oder im großen Stil Steuer hinterzogen hat.

Will man nämlich ein vorhandenes Kapital verheimlichen, so gelingt einem das entweder dadurch, daß man die betreffenden Dokumente des Geldinstituts verbirgt, oder es gelingt einem nicht, weil mißliebige Personen vorfinden, was sie nicht wissen sollen. Ob ein Name darauf zu lesen ist oder nicht, ist dabei gleichgültig.

Wenn im Wäschekasten ein anonymes Sparbuch steckt, wird kein Entdecker annehmen, daß es einem arabischen Ölscheich gehört und von der lieben alten Dame, die Eigentümerin des Möbelstückes ist, nur aus Gefälligkeit aufbewahrt wurde. Auch zur Steuervermeidung ist die Anonymität nicht erforderlich.

Wie sich inzwischen schon herwm-gesprochen haben dürfte, ist mit der Kapitalertragssteuer ohnedies alles abgegolten, was im Zusammenhang mit einem Sparguthaben überhaupt zu Abgaben führen kann. Insbesondere darf auch ein mit Namen versehenes Sparbuch korrekt steuerfrei vererbt oder verschenkt werden.

Umgekehrt bedeutet die Kenntnis des Konteninhabers bei der Bank und das Aufscheinen seines Namens eine zusätzliche Sicherheit, die bei Anonymität fehlt und auf die man nicht verzichten sollte.

Wird ein Sparbuch, das seinen Besitzer nennt, gestohlen, kann niemand behaupten, daß es im Besitz der kürzlich verstorbenen Großmutter seines (entsprechend präparierten) Freundes war und nun in die Erbschaft fällt.

Mit „Sparkultur” hat das nichts zu tun

Womit dann auch ein Losungswort nichts nützt. Ähnliches gilt für den Verlust eines Sparbuches. Es kann nur gut sein, wenn auf allem, was in unredliche Hände fallen kann, der rechtmäßige Besitzer vermerkt ist. 'Beim Flugkoffer handeln wir ja ebenso. Auch bei „vergessenen” Guhaben -und die gibt es gar nicht so selten -wird es die Bank (hoffentlich!) danken, wenn sie weiß, wer da jahrelang weder etwas abgehoben noch eingezahlt hat.

Bekanntlich gibt es ein Bankgeheimnis, das freilich noch verbesserungswürdig wäre. Es darf nur gebrochen werden, wenn ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet wurde beziehungsweise wenn Steuerhinterziehung im großen Stil vorliegt.Womit wir wieder bei dem bereits Gesagten angelangt sind: Nur wer meint, daß er von solcher staatlicher Verfolgung betroffen sein könnte, dem wäre ein anonymes Sparbuch anzuraten. Dem normalen Sparer bringt es nichts, außer möglichen Bisiken.

AVenn also von offizieller Seite erklärt wurde, es gehe hier um „Sparkultur”, und auch der Boulevard sich wehleidig dieses Anschlags auf die Österreicher annahm, kann man nur kopfschüttelnd registrieren, wie wenig manchmal Politik mit Vernunft und Einsehen zu tun hat.

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