6986356-1986_27_15.jpg
Digital In Arbeit

Von innen

Werbung
Werbung
Werbung

Auch in bezug auf das neunte und zehnte Gebot: ,JJu sollst nicht begehren deines Nächsten Frau und deines Nächsten Gut“ setzt Jesus neue Akzente. Er warnt nicht nur mit eindringlichen Worten vor dem Hineinschlittern in das Böse, er betont auch die entscheidende Bedeutung der inneren Gesinnung:

„Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein“ Markus 7, 20-23.

Damit will Jesus aber nicht sagen, daß das ,J3egehren“ des Menschen in sich und immer böse ist. Im Gegenteil: aus dem Innern kommt auch das gute Begehren, kommen die guten Gedanken, Sehnsüchte und Taten. Aus dem Innern kommt auch das Verlangen nach Gott: „Gott, du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir. Nach dir schmachtet mein Leib, wie dürres, lechzendes Land ohne Wässer“ Psalm 63J.

Der leidenschaftslose Mensch ist kein biblisches Ideal. Denken wir bloß an das Wort aus der Offenbarung des Johannes: ,Jch kenne deine Werke. Du bist weder kalt noch heiß. Wärest du doch kalt oder heiß! Weil du aber lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus dem Mund ausspeien“ (3J5f).

Die beiden letzten Gebote wenden sich also nicht grundsätzlich gegen das Begehren, sie machen aber besonders auf zwei Gefahren aufmerksam. Erstens: Der Mensch begehrt oft etwas, das zwar in sich gut ist, ihm aber hier und jetzt nicht zusteht; zum Beispiel des Nächsten Frau oder des Nächsten Gut. Zweitens: das Begehren des Menschen kann in Gier und Sucht ausarten: Lebensgier, Habgier, Machtgier, Drogensucht ...

Gefordert ist nicht eine Unterdrückung oder Verdrängung des Begehrens, sondern eine Kultur des Begehrens. ,J3eide Gebote tendieren nicht darauf hin, alle Regungen des Begehrens, der Sehnsucht, des Verlangens, der Leidenschaften abzuwürgen. Das wäre vielleicht buddhistisch, vielleicht auch stoisch (im Sinne der Atara-xie),aber nicht biblisch. Gott ist an der inneren Ordnung des Menschen interessiert. Sich darum zu bemühen, fordern die beiden Gebote auf.“ (Adolf Exeler)

Eine solche Kultur des Begehrens brauchen wir nicht nur in bezug auf des Nächsten Frau und des Nächsten Gut...

31. Teil einer Serie zur Lebensrelevanz der Zehn Gebote.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung