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WIR WERDEN IN DER EG NICHT SPRACHLOS SEIN

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"Bunte Vögel lassen keine Federn." Die Textildruckerei Rueff gehört in der europäischen Textilwirtschaft zu den buntesten Vögeln. Sie bringen es mit sich, daß man sie weder diskriminieren noch rupfen kann. Man braucht sie. Wer sonst macht kreisrunde Löcher in stretchige Jerseys, um dieselben so geschickt zu bedrucken, daß der Druck nicht durch die Löcher fällt? Wieviele Textiler zählt Europa, die das unerschöpfliche Repertoire der Jeremiaden gar nicht kennen? Auf welchen Messeständen in Mailand, London, Paris, Frankfurt können die Kunden so herzlich über Kunstwerke lachen, damit sie über die Preise nicht mehr weinen müssen? Und welche Firma kann sich rühmen, in einem Gesamtkunstwerk an Buntheit, Einfällen,Phantasien so leidenschaftlich wie spontan zu arbeiten, daß jedes Muster den Titel "Original" auch verteidigen kann? Jeder Mensch ist hier ein Künstler. Jeder Mitarbeiter wird in Kürze nicht nur mit Engelshänden druk-ken, sondern auch mit Engelszungen sprechen: wer Sprachen lernt, hat auch Kredit. Wer das babylonische Sprachengewirr in froher Gemeinschaft zwei Jahre ordnet, hat den Studien-Kredit bezahlt. Rueff expandiert in Europa. Der Firmenboss Franz Hermann Bischof hat eine Region im Auge, die die Schöpfung mit natürlicher Schönheit unter südlicher Sonne begünstigt hat: dort, wo die Orangen wachsen, die Zitronen blühen, der Wein süß und schwer ist, wo die Zypressen ihre grünen Spitzen in den blauen Himmel heben, die Luft von den Düften der Gewürze und Ingredienzien erfüllt ist, dort soll die Dependance von Rueff entstehen. Spanien, Italien, Frankreich, Portugal - die romanischen Kernländer werden mit dem Stammhaus in Muntlix dereinst eine unio passionata bilden.

Das Land um das Stammhaus ist von der Natur erobert. Der Expansion sind Grenzen gesetzt. "Wir wollen wachsen wie ein Baum. Wer nicht wächst, der stirbt." Parallel zur Orientierung einer Rueff-Satelliten-Werkstatt, für die bereits jetzt vorsorglich Mitarbeiter ausgebildet und gehortet werden, laufen die Investitionen in Muntlix auf Hochtouren. Eben wurde eine neue Ausrüststraße in Betrieb genommen, die mit 30 Millionen Schilling zu Buche schlug. Gemeinsam mit Kollegenfirmen aus der Stoffdruckbranche wird ein Forschungsprojekt finanziert, das die Möglichkeiten der Rückgewinnung von Farbstoffen zum Ziele hat. Auch dafür wurden 15 Millionen Schilling dotiert.

Jeden Tag wächst die Firma Rueff in Muntlix ein Stückchen weiter der künstlerischen Eigenwilligkeit entgegen. Sie ist insbesondere für das weibliche Geschlecht anziehend. Die Druckerei-mannschaft wurde um fünf Damen verstärkt, allesamt jung und bildhübsch, die die Tradition der Damen im Druckereigewerbe so intensiv beleben, daß ihre Schnelligkeit und Exaktheit die Zukunft des Stoffdruckes an weibliche Besessenheit verweist. Den Männern macht das Freude.

Unterdessen suchen die hard and soft sellers neue Märkte für Rueff, entwickeln die Inventuren und Phantastoren neue Produkte, orakelf der Künstler im Firmenchef FBI, "wir drucken alles, nur keine eleganten Stoffe für die klassische DOB."

Rueff bleibt dem jungen, unkonventionellen, vielseitigen Markt in Europa treu. Die Jugend freut sich.

(Photos Nikolaus Walter)

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