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Gegen einen Gott der Gedankenkonstruktion

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Blickt ein Mensch um sich, der Zusammenhänge in der Welt des Geistes zu erfassen vermag, kann ihm die Gottesfinsternis unserer Tage wohl kaum verborgen bleiben. Trotzdem: Im Jahr 1953 erstmals erschienen gab es bis jetzt bloß einen Abdruck von Bubers „Gottesfinsternis” in Buchform, nämlich in seiner Werkausgabe. Nun sind diese Texte Bubers wohl anspruchsvoll, andererseits von so gewaltiger Aktualität, daß sie eine besserer Rezeption verdienen als sie bisher hatten

„Es ist nicht nötig, etwas über Gott zu wissen, um wirklich Gott zu meinen” beginnt Ruber herausfordernd. Den Gott Abrahams, nicht den der Philosophen hat Blaise Pascal erfahren. Und darum geht es Buber in diesen Texten, die ein einzigartiges Bekenntnis sind zum lebendigen Gott jenseits jeder Gedankenkonstruktion. Natürlich geht es zuzeitig um die Wirklichkeit jedes Gottesglaubens. Erst der Mensch, der einmal vom lebendigen Gott angesprochen wurde, weil er sich in eine Situation möglichen Angesprochen-werdens begeben hat, kann IHN „erkennen”, danach „kennen” und somit beginnen, IHN zu lieben. Erst dann erfährt der Mensch eine Wirklichkeit, die jede Idee überwächst. Erst dann kann Gott nicht mehr zum Gegenstand werden.

Die extreme Ablehnung Bubers von Jean Paul Sartre, aber auch von Martin Heidegger (der vor jeder Religion warnt), Friedrich Nietzsche und nicht zuletzt von C. G. Jungs metaphysischen Aussagen, werden zu einer verständlichen Notwendigkeit. Die zum Ende des Buches abgedruckte Entgegnung Jungs bleibt, gemessen an Bubers Texten und an dessen Replik, ein müdes, fehlschlagendes Rückzugsgefecht. Zeigt nicht das sichtbar werdende Scheitern des Nihilismus, daß eine nur-moralische Instanz niemals genügen kann. Jeder gottsuchende Mensch wird diese Texte als einmalige Hilfestellung mit Dankbarkeit entgegennehmen.

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