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Vom Feudalismus zur Volksbewegung

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Die meisten Arbeiten über Vogelsang begriffen hauptsächlichst seine Idee und Ideologie. Gewiß zerlegt auch diese der Verfasser mit kundiger Hand — allerdings und bezeichnenderweise am Ende seines Buches. Anfang und Mitte zielen jedoch vorwiegend auf das zeitgeschichtliche Interessengeflecht, worin \fogelsangs Programm einer christlichen Sozialreform als eine bedingte und bedingende wirkte, Auf Grund neuer Quellen erschließt nun der Verfasser diese für den sozialen und politischen Katholizismus entscheidenden Abschnitt. Er untersucht mit reichen Belegen Vogelsangs schwierige Vermittlerrolle zwischen zwei Zeiten, zwischen Adel und Arbeiter, Feudalismus und Sozialismus, um den gemeinsamen Feind beider, den liberalen Bürger, sein kapitalistisches System, zu stürzen. Dem Verfasser dieser erfreulichen Studie gelang es, hiebei den gediegenen und zielbewußten Charakter Vogelsangs, dieses „Staatsmannes am Schreibtisch’, herauszuarbeiten und dessen Konzept, die berufsständische, auch die Großindustrie einhegende Ordnung, als Bindemittel der vorantreibenden Kräfte mit der Vergangenheit, uns zum Bewußtsein zu bringen. Hat schon der jetzige bayrische Unterrichtsminister, Joseph Schwaiber, „Vogelsang und die moderne christlich- soziale Politik“ (München 1927) ideengeschichtlich verarbeitet, zeigt tatsachengeschichtlich der Verfasser Vogelsangs Gang „vom Feudalismus zur Volksbewegung . Warum aber diese beim Kleinbürger hängenblieb und den Arbeiter nicht gewann, wird zwar treffsicher angedeutet, aber nicht näher beschrieben. Es bleibt also immer noch eine Analyse dieser abgebrochenen Offensive der Vogelsang-Schule, ihrer „Arbeiternovelle“ 1884, ausständig und auch dringend, zumal das gleiche Problem nicht nur die katholische Politik, sondern auch ihre Kirche quält. Vogelsang selbst zeigte und beging den Weg, den Weg einer konsequenten Arbeiterpolitik, auf dessen Hälfte er plötzlich verstarb. Richtig schrieb der Verfasser: „Politisch ist Vogelsang in seiner letzten Vollendung gescheitert.’ Das Buch ist eine erfreuliche Neuerscheinung auf dem Büchermarkt.

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