Der Balkanexpreß verläßt Wien 50 Minuten nach Mitternacht. Daß am Südbahnhof kein Laden mehr offenstand und nirgends eine Erfrischung gereicht wurde, war gewiß keine amtliche Bedachtnahme auf den beginnenden Aschermittwoch, meinen Abreisetag. Das ist vielmehr, wie meine Reise bis Vordermazedonien es bald beweisen sollte, eine mißglückte Regie der Generaldirektion der Bundesbahnen, den Passagieren des Balkanexpreß balkanische Rückständigkeit vorzuspielen. Nun ist der Balkan wahrlich nicht so! Im übrigen reichte (gottlob!) ein Fahrdienstleiter durstigen Reisenden frisches Wasser.
DAS LEBENDer Blick geht zurück! Karl Freiherr von Vogelsang wurde am 8. September 1818 in Liegnitz in Schlesien geboren. Seine Familie, seit der Reformation protestantisch, war schon 1150 in Mecklenburg ansässig. 1822 übernahm hier sein Vater das Familiengut Alt-Guthendorf bei Marlow. Ersten Unterricht erhielt Vogelsang in Lübeck. Das Gymnasium besuchte er in Halle an der Saale. Zu Bonn, Rostock und Berlin studierte er Jus. Hierauf stand er im Justizdienst in Berlin. 1848 nahm Vogelsang, von der Revolution angewidert, Abschied und widmete sich zu Hause der Wirtschaft und
Max Weber. Soziologie — Weltgeschichtliche Analysen — Politik. Mit einer Einleitung von Eduard Baumgarten. Herausgegeben und erläutert von Johannes Winckelmann. Alfred-Kröner-Verlag, Stuttgart. Kröners Taschenausgabe 229. XXXV + 576 Seiten, 1 Abbildung
Zeit besitzen ist ein Faktor der Freiheit. So besaßen Zeit und damit Freiheit die Bevorrechtigten der alten Gesellschaft. Sie hatten Zeit und Freizeit allerdings auf Kosten der anderen, der je unteren, die schon seit Aristoteles, 350 Jahre vor Christus, als „Non-pars societa-tis“, als „Nichtmitglied der Gesellschaft“, galten. „Negotium“ und „otium“, Arbeit, schwere Arbeit hier, Ruhe und Muße, Freizeit da, bestimmten weithin die sozialen Unterschiede. In der Antike. Auch im Mittelalter.Diese Unterscheidung von Arbeits- und Freizeitgesellschaft schien auch die erste Maschine,
Die erste Hälfte unseres Jahrhunderts ist von tragischen Kämpfen zerrissen. Das gilt für die Welt, gilt für unser Land Oesterreich, gilt nicht zuletzt für den europäischen Katholizismus und die christliche Sozialrefonn. Im Streit der Zeit stand, jahrzehntelang, Anton Orel im Mittelpunkt großer Kontroversen. Leidenschaftliche Einseitigkeiten, ja Schiefheiten sind ihm von Feind und Freund vorgeworfen worden — nicht von ihnen soll im folgenden die Rede sein, wohl aber soll einer seiner prominentesten Schüler das Wort erhalten, um den greisen, einsamen Kämpfer dem unverdienten Vergessen und vielleicht auch der großen materiellen Netlage zu entreißen. Die „Furche“
Durch 25 Jahre, von 1895 bis 1920, spaltete der sogenannte „Gewerkschaftsstreit“ die katholische Sozial- und Arbeiterpolitik. Vor allem im industriell fortgeschrittenen Deutschland. Gegeneinander standen hier: der „Katholische Volksverein in München-Gladbach“ und der „Verband katholischer Arbeitervereine, Sitz Berlin“.München-Gladbach als Aktionszentrum der christlichen Gewerkschaften“ verfocht ein doppeltes Prinzip: einerseits das Prinzip der „K o n-fessionalitä t“, die religiös-sittliche Bildung als Sache ausschließlich katholischer Arbeitervereine; anderseits das
Das Eigentum, sein Begriff, ist seit der Bekämpfung des privateigentumsfeindlidhen Sozialismus der Angelpunkt der christlichen Soziallehre und -politik. Bauten aber — vielfach ungewollt — diesbezügliche Grundsätze theoretisch Wolken und praktisch Wandschirme für das gegebene Eigentum, so stellt Burghardt dieses unnütze Verfahren einfach auf den Kopf. Er, bekannt als Gegner leerer Allgemeinbegriffe und Allengefälligkeiten, fragt nicht nach den schon restlos abgenagten Eigentums-„Prinzipien“, sondern vordringlich wie drängend nach dem Eigentums-„Effekt“. Für Burghardt ist
„Die katholisch-soziale Bewegung Deutschlands im 19. Jahrhundert“ nennt sich das kürzlich (im Verlag J. P. Bachem, Köln) erschienene, 525 Seiten zählende Werk des bekannten Historikers Emil Ritter. (Preis 19.50 DM.) Er bietet vor allem eine schon längst fällige Geschichte und Vorgeschichte des für die Sozialpolitik der „Wilhelminischen Periode“ maßgebend gewesenen „Volksvereins für das katholische Deutschland“. Zunächst wird die Sorge der Kirche um die Arbeiterschaft an der Schwelle des Industriekapitalismus beschrieben und die um 1865 gestellte Frage erwähnt, „warum
Wäre dieses Buch von einem anderen Verfasser geschrieben worden, es hätte höchstwahrscheinlich keine so große Beachtung gefunden, denn nach dem Inhalt beurteilt, enthält es fünf Heiligenportijäts, die weder durch einen besonderen Stil, noch durch eine neuartige Auffassung oder Darstellung auffallen. Man könnte sogar sagen, daß diese Skizzen den Rahmen der üblichen modernen Hagiographien kaum sprengen, womit vielleicht gerade der hohe Wert dieses Buches angegeben ist.Betrachtet man aber das Werk von der Entwicklung des Verfassers aus, so verdient es als Aussage eine besondere
Die meisten Arbeiten über Vogelsang begriffen hauptsächlichst seine Idee und Ideologie. Gewiß zerlegt auch diese der Verfasser mit kundiger Hand — allerdings und bezeichnenderweise am Ende seines Buches. Anfang und Mitte zielen jedoch vorwiegend auf das zeitgeschichtliche Interessengeflecht, worin \fogelsangs Programm einer christlichen Sozialreform als eine bedingte und bedingende wirkte, Auf Grund neuer Quellen erschließt nun der Verfasser diese für den sozialen und politischen Katholizismus entscheidenden Abschnitt. Er untersucht mit reichen Belegen Vogelsangs schwierige
Der Tiroler Anteil des Erzbistums Salzburg kirchen- und kunstgeschichtlich. Band 8: Die Schranne Langkampfen, Angath, Zell bei Kuf-6tein, Thiersee, Landl. Von Matthias Mayer. Selbstverlag des Verfassers, Going in Tirol. 367 Seiten,“ 24 Tafeln, 1 Karte. Preis S 62.—.Durch L, Steubs Bauerngeschichte „Die Rose der Sewi“ ist das Unterinntaler Dorf Langkampfen, durch seine Passionsspiele von 1799 bis 1935 das vorgelagerte Thiersee bekanntgeworden. Daß ersteres mit seinem Ursula-patrozinium eine alte Urpfarre darstellt, wenn auch nicht eine so alte wie das benachbarte Zell, rückt beide in
Adalbert Stifter: Politisches Vermächtnis. Mit einem Vorwort von Heinrich v. S r b i k. Band I, 64 Seiten.An Stifter zu erinnern, i6t immer gut; auch an 6eine politische Weisheit. Sie schöpfte der allerösterreichischeste Dichter, der zugleich, ähnlich Bruckner, ein lebendiger Christ war, aus der barocken Volksfrömmigkeit und der Kultursituation seiner Heimat. Das Vorwort Srbiks übersieht nun beide Quellen. Es gebraucht zunächst das Wort „Österreich“ — bei einer Einführung in das politische Denken Stifters! — bloß zweimal adjektivisch und dies nur nebenbei; und es abstrahiert
Claude Debussy: Lettres ä deux amis (R. Godet, J. J. Aubry). J. Cortt, Paris 1942. — Correspondence de Claude Debussy et Pierre Louys. Herausgegeben von H. Bourgeaud. J. Cortl, Paris 1945. — Debussy et D'Annunzio, Correspondence inedite. Herausgegeben von Guy Tost Les. Editions Denoel, Paris 1948. — Rene Peter, Claude Debussy, Edition augmentee de plusieurs chapitres et de lettres inedites de Claude Debussy. Gallimard,Paris 1944
Der Volksverband der Bücherfreunde brachte 1947 im Berliner Wegweiser-Verlag das oben genannte Buch Walter Hofmanns heraus, das nun in besserer Ausstattung neuerdings in Stuttgart und Tübingen (Rainer-Wunderlich) erschienen ist. Das Buch enthält den ersten Band der Selbstbiographie des bekannten Volksbildners und Begründers der vorbildlichen Leipziger Bücherhallen, Walter Hofmann, der auch uns Österreichern wohlbekannt ist. Hat er doch 1922 bei der großen preußisch - österreichischen Volksbildungstagung in Braunau am Inn und im folgenden Jahr bei der Fortsetzung dieser Tagung in St.
Eine Festschrift der österreichischen Benediktinerklöster aus Anlaß des 1400jährigen Todestages des hl. Benedikt. Herausgegeben von Dr. P. Hlldebert Tausch O. S. B. VerlagHerder, Wien. 352 Seiten.An dieser Jubiläumsausgabe wirkten die österreichischen Benedikfcinerklöster in ihren auserlesensten Vertretern. Sie bieten in vier Abschnitten: „Geschichte“, „Arbeitsfeld“, „Mitarbeiter“, „Wesen und Ziel“, ein ansprechendes Gesamtbild des „schwarzen Mönchtums“ unserer Heimat. Sie rekapitulierten aber auch die benediktinischen Grundlagen dieser. Hier ist gleichsam der
Die geographische Karte der italienischen Reformation bestand doch vielfach in weißen Flecken. Nur lose Zusammenhänge mit der gesamteuropäischen Reformation waren ersichtlich. Nunmehr besitzen wir genauere Eintragungen. Diese besorgte in gründlidier Weise Delio Cantimori, der Verfasser vorliegender Quellenarbeit, welche Werner Kaegi in ein klares, flüssiges Deutsch übertrug. Auf Grund ausgedehntester, noch vor dem Krieg abgeschlossener Archivstudien in Deutschland, England, Italien, den Niederlanden, Polen, vorzüglich in der Schweiz, gelang Cantimori eine erschöpfende
Der Klassiker des „dritten Weges“ in der Sozialpolitik war Karl von Vogelsang. Zwischen „Kapitalismus“ und „Kollektivismus“ entrang sich seine Parole: „Die Lösung der Arbeiterfrage, die Gerechtigkeit der Arbeiterklasse, die Aus- folgung des Patrimoniums der Enterbten kann nichts anderes sein als das Aufhören der Arbeiterklasse, ihre Absorption von der Besitzer- klasse.“ Infolge davon lehnte Vogelsang den Lohnvertrag in damals alarmierender Weise ab. Er bezeichnete als arbeiterwürdige Rechtsfigur in der Auseinandersetzung von Arbeit und Kapital ausschließlich den
Die Schriftenreihe: „Politische Zeitproblem“ österreichischer Verlag, Wien bietet unter diesem Titel aus der Feder Dr. Alfred M i s- songs eine klare Einführung in die politische Ethik des Christentums. Ziel des Autors ist, die buntfarbige Magie der modernen Politik, ihre Vergötzung politischer Symbole, durch eine schnurgerade Politik aus christlichem Glauben zu überwinden. Mit hohem sittlichen Ernst bekämpft deshalb Missong die nicht selten geäußerte Meinung: Weil die Kirche der Gegenwart auf Politik verzichtet, müsse auch der sogenannte „Laie", der Christ in der Welt, diese