Gebleichtes Orange in Kiew

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An einem ukrainischen Grenzerhäusl prangt eine Aufschrift in mehreren Sprachen: "Hier müssen Sie nicht bezahlen - bei Problemen rufen Sie folgende Nummer." Die Probe aufs Exempel zu machen, ist bei diesem Grenzübertritt nicht nötig, aber allein schon die Telefonnummer vor Augen und das Handy in der Tasche gibt eine gewisse Sicherheit, den Spassetln eines korrupten Grenzers nicht mehr völlig hilflos ausgeliefert zu sein.

Ein, zugegeben, kleines Beispiel für die Ukraine nach der orangenen Revolution vor einem Jahr. Zu klein für die meisten Ukrainer - laut Meinungsumfragen steht nur mehr jeder fünfte Ukrainer hinter Präsident Viktor Juschtschenko und über 60 Prozent geben an, das Land sei auf dem falschen Weg.

Wolodymyr Jeltschenko wiegelt ab; für den ukrainischen Botschafter in Wien sind diese ernüchternden Umfrageergebnisse eine Momentaufnahme. Wenn die wirtschaftliche Erholung zu greifen beginne, so Jeltschenko im Gespräch mit der Furche, werde auch der Glaube der Ukrainer an ihre Revolution und Juschtschenko zurückkehren. Und dass der Korruption tatsächlich der Kampf angesagt ist, beweist sich für Jeltschenko an der Fülle von Untersuchungen und Anklagen.

Einer dieser Nachforschungen ist der ausschweifende Lebensstil des Präsidentensohns zum Opfer gefallen: "Das war der erste ukrainische Skandal, der nach europäischem Muster abgelaufen ist: Alle Medien haben darüber berichtet, und kein Journalist ist deswegen ermordet worden", fasst Internetzeitungsredakteur Serhij Leschtschenko die neue Freiheit zusammen. Das Orange der Revolution hat es also doch auch ins öffentliche Lebens geschafft. Den endgültigen Beweis für eine neue Ukraine werden aber erst die Parlamentswahlen im März bringen - wenn ein Machtwechsel möglich ist, allein in der Wahlzelle, ohne Revolution.

wolfgang.machreich@furche.at

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