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JOSEF WALLNER / MANN DER HARTEN SPRACHE

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Im Juni wars. Damals sagte in einer Sitzung österreichischer Agrarfunktionäre einer der Teilnehmer zu seinen Kollegen: „Meine Herren, wir müssen die politischen Methoden der französischen Bauern studieren. Ich fahre nach Paris.“

Kurze Zeit später war er dort.

Und wiederum nur kurze Zeit später, nach seiner Rückkehr, gab es in Österreich einen lauten Ton. Es klang, als wäre einer mit seinem Nagelschuh fest und laut auf das ohnehin schon so zerschundene und glanzlose Parkett der österreichischen Innenpolitik getreten.

Der steirische Bauernsohn Josef Wallner gilt allerdings nicht erst seit seiner Informationsreise zu den gegenwärtig sehr kampfes- und demonstrationsfreudigen französischen Bauern als Mann der harten Sprache in der österreichischen Agrarpolitik.

Er wurde am 9. Jänner 1902 als einziger Sohn des südsteirischen Bauern Ökonomierat Alois Wallner und seiner Frau, Maria, geboren. Zwanzig Hektar Grund müssen die Eltern, den Sohn und drei Töchter ernähren. Josef Wallner konnte nicht studieren, auch keine landwirtschaftliche Fach- oder Mittelschule besuchen, er hat zunächst als Autodidakt aus Büchern gelernt und später eine Anzahl Fortbildungskurse besucht — aber was Josef Wallner selbst nicht haben konnte, das will er der heutigen Generation junger Bauern zukommen lassen. Er ist daher ein konsequenter Förderer des ländlichen Bildungswesens.

Der junge Wallner hat keine einflußreichen Verwandten, die ihn vorwärtsschieben könnten, aber er besitzt eine angeborene Rednergabe und dazu genau die energische und zupackende Art, die dem Steirer wesentlich besser gefällt als etwa dem ruhigeren, bedächtigeren Niederösterreicher. Er ist zudem intelligent, bringt einen eisernen Fleiß mit und hat den Willen, etwas zu werden.

Mit 17 Jahren ist Josef Wallner Geschäftsführer im Pfarrbauern- und im Bezirksbauernrat des steirischen Bauernbundes.

Mit 23 Jahren ist er Landesobmann des Jungsteirerbundes, mit 27 Jahren außerdem Kammerrat der Bezirksbauernkammer Feldbach, mit 31 Jahren Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Eibiswald. Schon mit 23 Jahren hat Josef Wallner eine Fleckviehzuchtgenossenschaft gegründet, mit 32 Jahren wird er Abgeordneter des Landtages, mit 35 Jahren Vizepräsident der Landeskammer.

Im Frühjahr 1938 kehrt Josef Wallner aus der Politik auf seinen Hof zurück — zweimal im Laufe der folgenden sieben Jahre wird er abgeholt, ins Gefängnis.

Von 1945 bis zu seinem Eintritt in den österreichischen Nationalrat im Frühjahr dieses Jahres war Ökonomierat Josef Wallner Erster Präsident des Steirischen Landtages, seit 1948 ist er Präsident der Steirischen Landeslandwirtschaftskammer, von 1948 bis 1960 war er Obmann des Steirischen Bauernbundes, nach dem Rücktritt von Minister a. D. Kraus wurde er zum Obmann des österreichischen Bauernbundes gewählt.

Damit ist Josef Wallner oberster Funktionär einer Vereinigung mit 400.000 Mitgliedern.

Diese 400.000 Mitglieder repräsentieren zusammen mit ihren Familien den größten Teil jener österreichischen Bauernschaft, die immerhin noch zwanzig Prozent der gesamten österreichischen Bevölkerung ausmacht, in deren Kassen vor wenigen Jahren immerhin noch sechzehn Prozent des österreichischen Volkseinkommens flössen, die aber nur noch ganze elf Prozent davon bekommt, wobei sich ihr „Anteil am Kuchen“ langsam, aber sicher weiterhin verkleinert.

Es ist begreiflich, wenn unter diesen Umständen ein Mann der harten Sprache, wie Ökonomierat Josef Wallner, in der österreichischen Bauernschaft großen Anhang findet. Er weiß sich mit allen vernünftigen Konsumenten einig, wenn er gewisse Forderungen stellt und wenn er beispielsweise die Tatsache aufs Tapet bringt, daß die Erhöhung der für den „Grünen Plan“, das heißt, für die strukturelle Verbesserung der österreichischen Landwirtschaft, eingesetzten Mittel von 200 auf 270 Millionen Schilling eine fiktive war, weil die hinzugekommenen 70 Millionen an anderer Stelle des Landwirtschaftsbudgets ahgezweigt wurden. Und wenn er Geld verlangt, das heute für die Landwirtschaft ausgegeben werden muß, um morgen sparsamer wirtschaften zu können. Geld im Rahmen des Möglichen.

Ob es dazu freilich auch des jüngsten Kampfrufes gegen die Koalition bedurfte, ist eine andere Sache. Wer den Bauern schätzt und seinen Daseinskampf unterstützt, möchte ihn gerne davor bewahrt sehen, die undankbare Rolle des Bauern im Schachspiel zu übernehmen — in einem Spiel, in dem ganz andere die Züge tun.

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