Berlusconi - © Foto: APA/AFP/ Tiziana FAB

Silvio Berlusconi: Ein Cäsar, der Europas Teppich neu ausrollte

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Der verstorbene Politi-Medien-Wirtschaft-Zampano hat meisterhaft vorgezeigt, wie sich Medienmacht in politisches Kapital und damit nicht geizend wieder in wirtschaftliche (Korruptions-)Erfolge ummünzen lässt.

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Der verstorbene Politi-Medien-Wirtschaft-Zampano hat meisterhaft vorgezeigt, wie sich Medienmacht in politisches Kapital und damit nicht geizend wieder in wirtschaftliche (Korruptions-)Erfolge ummünzen lässt.

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Bevor Silvio Berlusconi den EU-Ratsvorsitz innehatte, lag im Eingangsfoyer des Brüsseler Ratsgebäudes ein roter Teppich. Auch nach Italiens Ratspräsidentschaft war der Vorleger wieder rot – und ist das immer noch. Nur während der sechs Monate im zweiten Halbjahr 2003, als Italien und sein Ministerpräsident im „Chefsessel Europas“ saßen, begrüßte die EU-Regierungschefs ein beigefarbener Teppich. Den Tausch hatte Berlusconi persönlich veranlasst. Er dachte, dass Beige seinen Teint besser zu Geltung bringe.

Diese Erinnerung an den ebenso kapriziösen wie eitlen Berlusconi – der FURCHE vom damaligen Protokollchef des Rats erzählt – ist mehr als eine Anekdote. Sie beschreibt Berlusconis „Mit mir kann sich keiner vergleichen“-Selbstverständnis: Wenn ihm die Rahmenbedingungen nicht passten, egal ob in Wirtschaft, Medien oder Politik, dann rollte er einen für ihn vorteilhafteren Teppich aus. Und das „Who is Who“ aus der Welt der Mächtigen, Reichen und Schönen ließ sich nur zu gern vom „Cavaliere“ aufs Parkett führen oder zu Partys und darüber hinausgehendem Service einladen. Insofern gebührt „Italiens großem Verführer“ das zweifelhafte Verdienst, das Role Model heutiger Volksverführer allerorten zu sein. Für hüben wie drüben des Atlantiks hat Berlusconi meisterhaft vorgezeigt, wie sich Medienmacht in politisches Kapital und damit nicht geizend wieder in wirtschaftliche (Korruptions-)Erfolge ummünzen lässt.

Wobei Berlusconi 2001 bei seiner zweiten Regierungsbildung das Glück hatte, dass die EU ihr Sanktionspulver im Jahr davor gegen Schwarz-Blau in Österreich und die Regierungsbeteiligung der FPÖ seines Senza Confini-Rechtspopulisten-Freundes Jörg Haider bereits verschossen hatte. Dass Berlusconi da von der EU der rote Teppich ausgelegt wurde und er ihn schwupps gegen einen beigen tauschen konnte, war keine Glanzstunde europäischer Grundsatz- und Wertepolitik.

Aber auch nach seinem Tod wird Berlusconis Politikmodell nicht mit ihm zu Grabe getragen, sondern feiert inklusive der ihm eigenen Weinerlichkeit, wenn einmal gegen ihn entschieden wurde, fröhliche Urständ. Das zeigt dessen US-Alter Ego Donald Trump, der über die „Hexenjagd einer politisch motivierten Justiz“ gegen ihn schimpft. Und das werden Berlusconis cari amici weiter zeigen, wo und wann immer sie den Teppich ihres Paten und Vorbilds ausrollen.

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