Zwischen Ruby und Eklat

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An dem Tag, an dem Silvio Berlusconi nach Lampedusa flog und sich alle Augen auf seine Rede zur Lage der Flüchtlinge richteten, änderte seine Regierung in Rom blitzartig die Tagesordnung der Abgeordnetenkammer des Parlaments, um das Gesetz bezüglich des "kurzen Verfahrens“, des "processo breve“, möglichst rasch zu verabschieden.

Dieses für Berlusconi maßgeschneiderte Gesetz sieht vor, dass Prozesse schneller abgewickelt werden und bislang unbescholtene Bürger schneller mit der Verjährung ihrer Vergehen belohnt werden sollen. Damit wäre Berlusconi mit einem Schlag einige seiner zahlreichen Gerichtsverfahren los.

Im Zuge der Debatte führte eine grobe Beschimpfung des Verteidigungsministers La Russa ("vaffanculo“) gegenüber dem Parlamentspräsidenten zu einer Unterbrechung der Sitzung. Tags darauf wurde dann das Protokoll dieser Parlamentssitzung abgelehnt und die Abstimmung auf den fünften April verschoben. So kam es, dass diese parlamentarischen "Unruhen“ mehr Schlagzeilen machten als Berlusconis Auftritt auf Lampedusa. Minister La Russa wurde mit einem bösen Brief bestraft, eine Maßnahme, die die Zentrumspartei UDC für ausreichend hielt, die aber sowohl die Partito Democratico als auch Italia dei Valori heftig als unzulänglich kritisierten.

Proteste in Rom

Die Abstimmung zum "kurzen Prozess“ wurde zwar erneut verschoben, doch mit 12 Stimmen Mehrheit stimmte das Parlament ab, das Verfassungsgericht darüber entscheiden zu lassen, ob das Gericht in Mailand oder das Ministertribunal in Rom für den "Ruby-Prozess“, der am Mittwoch in Mailand begann, zuständig ist. Das Ministertribunal entscheidet, ob Anklagen gegen Abgeordnete und Minister zulässig sind. Eine Verzögerung des Verfahrens um möglicherweise viele Monate wäre die Folge.

Angesichts dieser Tagesordnung hatten zahlreiche Gruppen unter dem Motto "Democrazia Day“ zu Protesten aufgerufen. Zeitgleich zu den Abstimmungen wurden vor dem Parlament per Megafon die 37 Gesetze "ad personam“ Berlusconi verkündet und eine große Italienfahne entrollt. Zum ersten Prozesstag in Mailand erschien der Regierungschef nicht persönlich. Sollte er tatsächlich wegen Verführung Minderjähriger zur Prostitution und Rechtsbeugung schuldig gesprochen werden, wäre die Karriere des Cavaliere wohl vorbei. Angela Huemer

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