Wahrheit sprechen und Klarheit schaffen
Nach der Lektüre dieses Buches hat man einen guten Eindruck vom Menschen und Politiker Roman Herzog.
Nach der Lektüre dieses Buches hat man einen guten Eindruck vom Menschen und Politiker Roman Herzog.
In seiner Antrittsrede hat sich der neue deutsche Bundespräsident Roman Herzog zu einem „unverkrampften“ Deutschland bekannt. Er hat als Bayer (geboren 1954 in Landshut) offenkundig Bedenken gegen ein zu starres oder gar großspuriges Verhalten in der Weltpolitik, schon wegen der Gefahr, daß das Ausland die deutsche Rolle in der internationalen Politik skeptisch betrachten könnte. Solche argwöhnischen Tendenzen waren zuletzt zu verspüren, als US-Präsident Clinton in Berlin den Deutschen eine führende Funktion bei der Stabilisierung Osteuropas zuerkannte. Herzog sieht im Aufbau Osteuropas eine gemeinsame europäische Aufgabe.
Hier lernt man einen sehr politisch denkenden Menschen kennen, obwohl dessen Laufbahn vom Universitätsprofessor in Berlin und Speyer bis zum Verfassungsgericht in Karlsruhe reicht. In den siebziger Jahren wechselte er aber in die Politik, als Kultus- und Innenminister von Baden-Württemberg, später als Staatssekretär für Rheinland-Pfalz in Bonn. Von daher stammt die oft sehr enge Zusammenarbeit und wohl auch Freundschaft mit Bundeskanzler Kohl.
In dem ausführlichen, aber nie langatmigen Gespräch zweier sachkundiger Journalisten mit Roman Herzog werden innenpolitische Fragen behandelt (das Ausländerproblem, die direkte Bürgermeisterwahl, die Beziehungen zwischen Bund und Ländern), auch die Gentechnik, natürlich die europäische Integration, dann aber auch solche der Weltpolitik, etwa die Auseinandersetzung mit dem Erstarken des Islams (ein Problem, das etwa auch Helmut Schmidt in seinem jüngsten Buch sogar als größte geistige und politische Herausforderung Europas bezeichnet hat). Dem neuen Bundespräsidenten geht es um „das Aussprechen der Wahrheit und die Schaffung von Klarheit“. Wenn der Schein nicht trügt, so wird Roman Herzog dann und wann auch ein unbequemer Präsident werden.
DER UNBEQUEME PRÄSIDENT
Roman Herzog im Gespräch mit Manfred Bissinger und Hans- Ulrich Jorges Hoffman und Campe Verlag, Hamburg 1994.
158 Seiten, öS 220,-.