Beleidigung für die Intelligenz

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Ein Buch als Aufmunitionierung von Kindern gegen die monotheistischen Religionen: "Und wer kümmert sich dann um, Abrüstung'?", fragt Martin Jäggle.

Religionskritik ist notwendig, hilfreich, geistvoll, hat gewichtige Argumente und fordert heraus. "Wo bitte geht's zu Gott?, fragte das kleine Ferkel" als "Religionskritik für Kinder" zu verkaufen, ist zuallererst eine Beleidigung für die Intelligenz von Kindern. Das Buch ist ja völlig frei von Argumenten und will von der ersten bis zur letzten Seite Religion, den Glauben an Gott sowie den Rabbi, den Bischof und den Mufti lächerlich, ja verächtlich machen und Religion exklusiv mit Angst und Zwang verbinden. "Ohne Gott haben wir keine Angst", resümiert der Igel. So wird das Plakat, das Ferkel und Igel auf die Suche brachte, von ihnen korrigiert:, Wer Gott kennt, dem fehlt etwas!' Nämlich hier oben …" Zur Sicherheit gibt es als P.S. noch einen Merksatz "Der Gottesglaube auf dem Globus ist fauler Zauber: Hokuspokus."

Details werden zurechtgezimmert. Aus der Synagoge wird im Munde des Rabbi "der Tempel des Herrn", den nur "wir Juden … zu dieser Feierstunde betreten (dürfen)!" Und er fügt hinzu: "Und kleine Ferkel kommen hier schon gar nicht rein!" Das erste, was er erzählt, ist die Sintflutgeschichte als Beweis dafür, dass Gott "ganz schön zornig werden kann, wenn man seine Gebote nicht einhält". Da wird aus dem islamischen Gelehrten ein "Mufti". Welcher Muslim würde sagen: "In dieser Moschee könnt ihr Allah, dem Herrn, begegnen." Aus konsekrierten Hostien wird "das Fleisch Jesu".

Die rituellen Waschungen der Muslime vor dem Gebet werden den Kindern mit Zahlenspielereien (fünf am Tag, fünfunddreißig in der Woche, hundertfünfzig im Monat) als "Sauberkeitsfimmel" verkauft, da man sich ja "gründlich" waschen müsse und es darum zu gehen scheint, "in die Wanne zu steigen".

Wird die Mottenkiste geplündert, darf der Exorzismus nicht fehlen. Das Ferkel und der Igel "sind vom Teufel besessen", den ihnen der Bischof "schnell austreiben" will. Da muss sich der Rabbi profilieren: "Wir haben schon Dämonen ausgetrieben, da gab es euch noch gar nicht!" Und der Mufti hält dagegen: "Außerdem ist unsere Hölle viel heißer als eure!", worauf der Bischof "Frechheit!" schimpfend "dem Mufti mit der Bibel auf den Kopf" haut und mitsteigert: "Unsere Hölle ist die allerallerschlimmste!" So kommt es zum "handfesten Streit unter den drei Gottesdienern", die "wild aufeinander einschlugen".

Der orthodox stilisierte, verbissene Rabbi mit schiefem Zahn und verkehrter Brille wird ganz allein als bösartig dargestellt. Bevor der Bischof die Zähne von oben herab fletscht, sind in der Kirche einfältige Gläubige. Der Mufti agiert gleich nach seinem ersten Erscheinen in einer Menge betender Männer, von denen dann später einige mit ihm bösartig aggressiv ins Bild kommen. Einfach zum Fürchten. Nimm dich in Acht!

Wenn das Klischee des orthodoxen, intoleranten, ja aggressiven Rabbi benutzt wird, um Rabbiner, Juden und das Judentum verächtlich zu machen, womit kann dann der Vorwurf des Antisemitismus entkräftet werden?

Alle, die von Kindern etwas verstehen, wissen, dass es Kindern schwer fällt, Satire - und auch Ironie - als solche zu verstehen. Die Repräsentanten der Religionen sind lächerliche, aggressive, Angst einflößende Figuren, ja jeder Gläubige ist eigentlich bescheuert. Kinder werden hier gegen die monotheistischen Religionen - wie sagt man doch in kriegerischen Zeiten - aufmunitioniert. Und wer kümmert sich dann um die "Abrüstung"?

Der Autor ist Professor für Religionspädagogik an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Wien.

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