Liturgie zum Endspielsonntag

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Es ist schon eigenartig: In regelmäßig wiederkehrenden Abständen, bei jeder Welt- und Europameisterschaft, wird die Frage diskutiert, ob und in welcher Form Fußball als Religion zu bezeichnen ist. Es spricht ja einiges dafür: Neue Stadien bekommen eigene Kapellen und werden selbst wie Kathedralen gebaut, der Rasen ist heilig, die Fans pilgern zum Spiel, singen ihre Choräle, haben ihre Rituale, verehren die Götter auf dem Spielfeld, die sich immer öfter selbst ostentativ religiös verhalten. Luis Silvano, Direktor des Stadions von Porto, meint: "Für uns Portugiesen ist Fußball das, was man normalerweise Opium fürs Volk nennt." Deutschland wollte es besonders gut machen und holte rechtzeitig das "Wunder von Bern" ins kollektive Gedächtnis zurück. Vergeblich, wie das Ausscheiden bereits in der Vorrunde der laufenden EM zeigt.

Insgesamt kann schon der Eindruck entstehen: Gott ist rund und König Fußball regiert das Himmelreich. Dies ist aber nur die Spitze eines Eisberges. Religion scheint heute überall präsent zu sein: der Konsum, die Entertainment-Center, TV, Film und Internet, Werbung und Popkultur, natürlich auch der Kapitalismus und die Politik. Aufgabe der Kirche ist es nicht, auf dieser Welle mitzusurfen, sondern die biblische Tradition der Prophetie und der Evangelien aufzugreifen, wo es notwendig ist Religionskritik zu üben und die Menschen zum verantwortlichen Umgang mit Religion zu befähigen.

Am kommenden Sonntag ist Finale. Bis zur WM 2006 in Deutschland kehren wieder ruhigere Zeiten ein. Wer sich mit der notwendigen Religionskritik aus Glauben noch etwas Zeit lassen möchte, kann heute bei Pfarrer Günter Kaltschnee den Gottesdienst besuchen. Der bietet eine eigens entwickelte "Liturgie zum Endspielsonntag" an.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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