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Österreichs Kirchenhistoriker empfehlen der katholischen Kirche eine neue Ehepastoral.

Österreichs Ehen sind in Auflösung begriffen: Im Jahr 2001 wurden bundesweit 46 von 100 Ehen geschieden, in Wien sogar 59 Prozent. Angesichts dieser Not steht die römisch-katholische Kirche vor enormen pastoralen Herausforderungen, verweigert sie doch (zumindest offiziell) wiederverheirateten Geschiedenen den Zugang zu den Sakramenten.

Diese rigorose Praxis wurde freilich nicht immer so gehalten. Zu diesem Schluss kam die "Arbeitsgemeinschaft der Professorinnen und Professoren für Kirchengeschichte an den Katholisch-Theologischen Fakultäten und Hochschulen in Österreich" in einer Tagung im November 2001. Nun sind die Referate in dem Sammelband "War die Ehe immer unauflöslich?" für Interessierte - und Betroffene - nachzulesen. In den teilweise sperrigen Beiträgen werden nicht nur die historischen Wurzeln des katholischen, protestantischen und orthodoxen Eheverständnisses beleuchtet, sondern auch die Wirrungen auf dem Weg zur Zivilehe aufgezeigt.

Als Herausgeber des Buches fungiert der Grazer Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann, der im vorweg abgedruckten Interview mit Kirche in die Ergebnisse der Tagung zusammenfasst. Auf die Frage, wie die Westkirche zur ostkirchlichen Praxis gestanden ist, eine Zweit- oder Drittehe (nach einer kirchlichen Buße) zuzulassen, antwortet Liebmann: "Das Entscheidende ist, dass erstens die römisch-katholische Kirche diese Praxis nie verurteilt hat und zweitens, dass diese Praxis in der Gesamtkirche auch üblich war."

Während also in den orthodoxen Kirchen Lösungen für Wiederverheiratungen gesucht wurden, ohne den Grundsatz der Unauflöslichkeit der christlichen Ehe in Frage zu stellen, hat sich die Westkirche von der am (sündigen) Menschen orientierten Ehepastoral verabschiedet. Eine Entwicklung, die Grigorios Larentzakis, Professor am Institut für Ökumenische Theologie, Ostkirchliche Orthodoxie und Patrologie der Universität Graz, mit Häme quittiert: "Tatsache ist, dass die Kirchenväter die Philantropie mehr angewandt haben, als manche Theologen von heute es wahr haben wollen." Vor allem ihnen sei dieses aufschlussreiche Büchlein ans Herz gelegt.

WAR DIE EHE IMMER UNAUfLÖSLICH?

Von Maximilian Liebmann (Hg.), Topos plus , Band 462, Lahn-Verlag, Limburg-Kevelaer 2002, 160 Seiten, brosch., e 9,15

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