Spiritualität als Keule

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Das Aufwerfen von Fragen zur Situation und zu zukünftigen Entwicklungen in meiner Kirche wird seitens so mancher in der Kirchenleitung gern mit illoyalem "Kirchehauen" oder Zeitgeistkonformismus gleichgesetzt, mit "Krankreden", mit dem Hochspielen von Nebenthemen und immer wieder auch mit "Spiritualitätslosigkeit" - "Spiritualität" wird dabei zur Keule gegen unerwünschte Kritik.

Und man weiß, dass diese Keule ihre Wirkung nicht verfehlt. Auf Menschen, die in der Kirche und für sie leben und arbeiten wollen. Denen, die Offenheit für den Geist Gottes wichtig ist und die auf eine kirchliche Wahrnehmung der ganzen Realität und auf Erneuerung nicht deshalb drängen, weil es für sie eine Hetz wäre, jemandem eins auszuwischen oder der Kirche zu schaden.

Natürlich kann mit Erneuerung da und dort auch flache Modernisierung oder mediengeile Wichtigmacherei gemeint oder gewollt sein. Genauso können sich hinter dem Stichwort "Bewahren" pure Bequemlichkeit und/oder bloßes Interesse an der Erhaltung von Strukturen verbergen, die einem Position und Einfluss sichern. Oder aber nur die Angst, etwas falsch und deshalb lieber gar nichts zu machen.

Nicht selten werden Kritiker in meiner Kirche auf neue, wachsende "geistliche Bewegungen" hingewiesen, die keine solchen Fragen stellen. Aber bekommen die auch die Themen zu spüren, mit denen sich pfarrliche Seelsorge in der Begleitung der Alltagsprobleme und -dramen der Menschen herumschlagen muss - im Spagat zwischen Heilsdienst und lange nicht durchforsteten Strukturen? Ist das alles nicht so wichtig, weil die Zukunft ohnedies "geistlichen Zentren" gehören soll, die die "wirklich Suchenden" schon aufsuchen und dort sicher keine "unspirituellen" Fragen stellen werden?

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger in Wien.

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